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Notizen eines Frontschweins - Karikatur: Uli Queste zu den highlights im schülerleben gehören wahrscheinlich die klassenfahrten,

vor allem die kursfahrten in der oberstufe. berlin, london, moskau und paris als städtefahrten, die türkei und die toskana als reiseziele waren und sind im angebot.

auch ich habe mehrfach mit kursen fahrten in die toskana durchgeführt- verbunden mit besuchen in den bekannten städten (florenz, pisa, sienna etc.). untergebracht waren wir zumeist in einfachen hotels, die nicht immer das hielten, was im prospekt angekündigt war und in denen häufig auch „normale“ feriengäste untergebracht waren.

ein wichtiges thema auf (und vor) solchen fahrten ist der genuss von alkohol- eine zwiespältige angelegenheit. einerseits ist eine solche fahrt eine schulische veranstaltung – und alkohol ist insofern tabu. andererseits hat man es mit teilweise volljährigen zu tun oder eben schülern in einem alter, bei dem man starre regeln flexibel handhaben kann. ich habe es bei solchen fahrten eben flexibel gehandhabt: alkohol in den grenzen, die es nicht zu störungen anderer gäste kommen lassen und die überhaupt das kursklima nicht beeinträchtigen.

in einem fall habe ich mich bei zwei wiederholungstätern, die an zwei abenden nacheinander „sturzbesoffen“ waren, dazu entschlossen, sie nicht nach hause zu schicken (was, übrigens auf kosten der eltern, durchaus möglich ist und sogar vorher von den eltern unterschrieben werden muss), sondern sie am folgetag von einer exkursion (siehe oben die städtenamen) auszuschließen.

so weit- so gut. die gruppe fuhr los, die beiden blieben zurück, am abend traf man sich im hotel wieder. die beiden schüler wirkten leicht erschöpft- ich führte das auf restalkohol zurück. von diesem tag an an verhielten sie sich aber tadellos. der lehrer freute sich ob seiner erziehungsmaßnahme!

zeitsprung.

ein paar monate später. abiturfeier- eine (für mich) zumeist langweilige angelegenheit. diesmal war es anders. es wurde ein film eingespielt über unsere kursfahrt. und der enthielt sensationelles bildmaterial. die beiden schüler hatten sich, kurz nachdem unser bus losgefahren war, mit öffentlichen verkehrsmitteln (zug, linienbus) auf den weg gemacht und waren der gruppe gefolgt. sie waren in ständigem „funkkontakt“ (handy) mit der gesamtgruppe, der sie auf dem fuße folgten, stets darauf bedacht, vom lehrpersonal nicht entdeckt zu werden. diese mitreise hatten sie und die anderen kursteilnehmer dokumentarisch festgehalten.und alle hatten bis zum tag der abiturfeier still gehalten.

eine grandiose leistung der schüler!

ich habe mich köstlich amüsiert – für mich hatte das „feuerzangenbowlen-qualität“. vor allem als ich von den beiden schülern dann erfuhr, dass ihre rückreise mit viel stress verbunden war. der zug zu unserem stationierungsort hatte nämlich gewaltige verspätung. um rechtzeitig vor ort zu sein und keinen ernsten krach mit mir zu riskieren, sahen sie sich genötigt, mit dem taxi zu fahren, was eine stange geld gekostet hatte. dieser stress war also der grund für ihre erschöpfung, als wir uns im hotel wiedersahen. ihr tadelloses verhalten danach war folglich nicht meiner erziehungsmaßnahme geschuldet, sondern der verspätung der italienieschen bahn. eine ernüchterung für mich.

ernüchternd auch ein anders erlebnis. seit einigen jahren führe ich aus erzieherischen gründen solche fahrten, wie oben beschrieben , nicht akademisches Drohpotenzial Frühstücksei - Karikatur: Uli Questemehr durch, sondern fahre nur noch in selbstversorgerhäuser (meistens in naturfreunde-häuser in holland). das hat den vorteil der nahen anreise (drei stunden statt 15-18 stunden im bus), man kann räder mitnehmen, man hat die see, man ist als gruppe intensiver zusammen – und vor allem: es gibt kein gemecker mehr über das essen, denn alle sind mit dem einkaufen und kochen dran, alle müssen mal den tisch decken, aufräumen und spülen.

insgesamt: die anfängliche oft große skepsis der schüler verwandelt sich rasch in begeisterung und vergnügen. nun habe ich es ja, wie oben schon gesagt, mit jungen erwachsenen zu tun. und es sind etliche darunter, die dann auch leckeres auf den tisch zaubern können. aber es gibt auch andere fälle, weil den jungen menschen von heute, die im hotel mama wohnen, offensichtlich häufig alles abgenommen wird. so klopfte es während einer solchen fahrt einmal morgens an meiner tür. davor standen zwei mädel, die an diesem morgen für das frühstück zuständig waren- übrigens meine beiden besten in deutsch aus diesem kurs. etwas verlegen fragten sie mich, ob ich wohl mit in die küche kommen könne. warum? sie konnten zwar den tisch decken und sogar brötchen einkaufen, waren aber nicht in der lage, alleine kaffee zu kochen und das morgendliche rührei zuzubereiten. ein paar monate später erhielten sie ihr zeugnis der reife(abitur). mit super noten. zum glück ist bei uns kaffee-kochen und rührei-machen kein schulfach.

das hätte doch gewaltig den notenschnitt versaut.{jcomments on}

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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