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Er ist schon ein arger Schelm, unser Bundeskanzler. Immer zu Scherzen aufgelegt, dass sich die Balken biegen. Immer einen frechen Spruch parat, einen originellen Einfall, eine verblüffende Wendung. Sein Wirken gibt genug her für einen Schelmenroman, der ihn in eine Reihe stellt mit Grimmelshausens Simplicius Simplicissimus oder dem Blechtrommler Oskar Matzerath von Günther Grass.*** Bisher hat er sich, wie der pikarische Held, immer wieder aus brenzligen Situationen befreit (Untersuchungsausschüsse) und gleich dem Schelm durchläuft er unterschiedliche Lebensphasen und Lebenswelten, in denen er teilweise mit den Mächtigen in Kontakt kommt. Ob er sich wie Simplicius aus der Welt schließlich zurückzieht oder sich, wie Oskar Matzerath entschließen wird, doch erwachsen zu werden und seine kindliche Gestalt aufzugeben, wissen wir nicht. Aber was wir wissen, ist, dass er ein zuverlässiger Gag-Lieferant ist und immer wieder gerne mit der Wirklichkeit spielet. Gerade erst haben wir uns vor Lachen fast weggeschmissen, als er sagt, er wolle auch nach der nächsten Bundestagswahl Kanzler sein – und das zu einer Zeit, in der er nach Umfragen seine Arbeit besonders schlecht macht: „Nach einer Umfrage des Politbarometers der Forschungsgruppe Wahlen zeigten sich Mitte Juli 2024 rund 33 Prozent der Befragten mit der Arbeit des Bundeskanzlers Olaf Scholz zufrieden. 61 Prozent bewerteten seine Arbeit als Kanzler als schlecht. Im Rahmen der Umfrage überwog im August 2023 zum ersten Mal die Mehrheit der Befragten, die die Arbeit des Bundeskanzlers Olaf Scholz als schlecht bewerteten.“*****

Noch hallen die letzten Lacher durch die Weiten des Weltalls, da haut er schon den nächsten Gag raus und verkündet, dass die SPD eine Koalition mit der Wagenknecht-Gruppe ausschließt (jedenfalls auf Bundesebene), die Landesverbände der SPD aber freie Hand in dieser Frage hätten. Ich werde jetzt hier nicht die aktuellen unterirdischen Daten für die SPD auf Bundesebene nennen. Aber man kann ja mal in die Länder schauen. Brandenburg: SPD 19% (BSW: 16,6) – immerhin; Sachsen: SPD 6% (BSW 15,5%), Thüringen SPD 7% (BSW 20,4%). Da wird Frau Wagenknecht sicher leise lächeln, wenn sie unseren Schelm hört, der so tut, als würden nach den Wahlen alle bei ihm bzw. den Landesvorständen der SPD auf der Matte stehen. Und da haben wir die AfD noch nicht berücksichtigt. Deren Ergebnisse bei Umfragen liegen zwischen 23,6 % und 31 % in den drei Ländern.

Kurz: Scholz bleibt sich selbst treu. Aber: Sein Gag-Ansatz, seine Wunsch-Welt für die Realität auszugeben, ist auf Dauer nicht tragfähig. Da muss er sein Repertoire erweitern. Wenn er seiner Rolle aber treu bleiben will, dann ist das unter dem Gesichtspunkt eines Helden eines Schelmenromans voll und ganz in Ordnung. Denn der Lebensweg eines Schelms hält viele Optionen offen. Auch für Olaf Scholz!  Vielleicht auch diese: Oskar Matzerath in der „Blechtrommel“ beginnt z.B. seine Erzählung über seinen Lebensweg mit einem der wunderbarsten Romananfänge überhaupt, nämlich dem Satz: „Zugegeben: ich bin Insasse einer Heil- und Pflegeanstalt“.

 

*HOLLOW TALK: hollow (Adj.): hohl, leer, dumpf, bedeutungslos

***Der Schelmenroman oder pikarischer/pikaresker Roman (aus dem Spanischenpícaro = Schelm), dessen Ursprung im 16. Jahrhundert in Spanien liegt, schildert aus der Perspektive seines Helden, wie sich dieser in einer Reihe von Abenteuern durchs Leben schlägt. (…) Der Held hat keinen Einfluss auf die Geschehnisse um ihn herum, schafft es aber immer wieder, sich aus allen brenzligen Situationen zu retten. Traditionell ist der Schelmenroman eine (fingierte) Autobiographie mit satirischen Zügen, die bestimmte Missstände in der Gesellschaft thematisiert ( …). (WIKIPEDIA)

*****https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1295763/umfrage/bewertung-der-arbeit-von-olaf-scholz-als-bundeskanzler/

 

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Ro.Bien.

Nie waren statistische Zahlen einer frisch gegründeten Partei derart verzweifelter Gradmesser von Bürgern, die flehentlich darum betteln, dass dieses Regierungsdesaster endlich ein wie auch immer geartetes Ende finden möge – außerhalb von Ampel, CDU und AFD. Egal mit welchem Risiko, was dann dabei rauskommt. Aber was störts die Eiche, wenn sich die Sauen an ihr kratzen…

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Heinz Niski

Ich finde Scholz gut. Er hat etwas von einer Grinsekatze, wenn Mahmoud Abbas unwidersprochen neben ihm von 1,2,3 ganz vielen Holocausts an den Palästinensern phantasiert. Nur die Wink-Armarbeit könnte noch optimiert werden.
Wenn Joe Biden ihm erklärt, dass Nordstream in die Luft gejagt wird, macht er den buddhistischen Lachmönch und jeder weiß sofort, dass er ein Ass im Ärmel hat. Vielleicht verrät er aus Rache den Chinesen die geheime Coca Cola Formel. Vielleicht schickt er, wie dieser Kim, Fäkalienballons nach Fort Knox. 

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