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Das Absurde kann jeden beliebigen Menschen an jeder beliebigen Straßenecke anspringen.“ Albert Camus

In dieser Ausgabe springt uns das Absurde nicht an einer Straßenecke an, sondern aus dem Europaparlament bzw. der Kommission. Man könnte nämlich meinen, ausgerechnet der Krieg sei Lebenselixier und Existenzbegründung dieser über 700 Köpfe zählenden parlamentarischen Einrichtung und der über dem Parlament thronenden Kommission samt den tausenden von Mitarbeitern dieses Bürokratiemonsters.

Da geht doch tatsächlich Viktor Orban, dieser ungarische Eigensinnige, einfach los, besucht die ukrainische Regierung in Kiew, reist zu Putin, knüpft Kontakte mit China und hat auch schon den zukünftigen amerikanischen Präsidenten am Gesprächsrohr! Und das alles, weil er meint, man solle doch nach Wegen suchen, um das Töten und Sterben in der Ukraine zu beenden und Lösungen des Konflikts mit Russland zu finden! Und dann kommt er von seiner eigenmächtig beschlossenen Reise zurück und meint doch glatt, die EU soll Initiativen für einen Waffenstillstand und anschließende Friedensverhandlungen ergreifen!

Das geht überhaupt nicht! Wie kann er sich das anmaßen? Ohne offizielles Mandat der EU! Der Premierminister eines, wir wollen jetzt nicht zu abwertend sein, eher kleinen bis mittleren EU-Staates. Wo noch nicht einmal die Weltaußenministerin Baerbock auf so eine verrückte Idee gekommen ist! Wo sie doch sonst für Verrücktheiten ein Händchen hat! Verhandlungen über einen Waffenstillstand? Friedensgespräche mit Putin? What the fuck ist das denn? Was wird dann aus unseren Waffenlieferungen?

Und weil das so einfach nicht geht und man sich gegenseitig immer wieder bestätigt, dass Putin sowieso nicht verhandeln will, wird Orban auch gleich noch bestraft: Frau von der Leyen und ihre Kommission reisen nicht zum Antrittsbesuch nach Budapest, was üblich ist, wenn jemand, wie momentan Orban, Ratspräsident wird. Da werden im Falle dieses ungezogenen Burschen die diplomatischen Gepflogenheiten (oder auch einfach das gute Benehmen) mal eben auf die Seite gelegt. Da kann der Orban seine ungarische Gulaschsuppe allein auslöffeln!

Ist vielleicht auch besser so! Sonst kommt der ungehobelte Kerl noch auf die Idee, spitze Bemerkungen zu machen, weil Frau von der Leyen Klagen an den hochhackigen Adelspantoffeln hat: einmal vor einem belgischen Gericht wegen Amtsmissbrauchs, der Vernichtung von Dokumenten und der Korruption im Zusammenhang mit dem Biontech-Impfstoffgeschäft in Höhe von 35 Milliarden EURO. Und zweitens ist eine Klage anhängig, weil von der Leyen dem Parlament nur kräftig geschwärzte Akten zu den Verhandlungen über Impfstofflieferungen zur Verfügung gestellt hat, die eine vollständige Aufarbeitung der Vorgänge verunmöglichen. Bei dieser Klage, eingereicht von EU-Parlamentariern, geht es generell um das Recht des Parlaments zur Kontrolle und Information, in diesem Fall aber speziell zur Preisgestaltung und zur Haftung in Bezug auf die Impfstofflieferungen.

Klagen hin oder her! Die Kommission samt Frau von der Leyen schätzt jedenfalls solche Alleingänge nicht, weil sie vielleicht auch andere Ministerpräsidenten oder Staatenlenkerinnen auf die Idee bringen könnten, ihre staatliche Souveränität nichts vollends an den Kleiderhaken der EU zu hängen und im Rivalenspiel zwischen den USA, Russland und China nicht  im Schatten Amerikas einen Krieg zu unterstützen, anstatt nach diplomatischen Lösungen zu suchen, auch wenn diese im Moment nicht als realistisch erscheinen mögen, weil sie keinen Erfolg versprechen. Aber diplomatische, politische Ansätze sind nötig, denn das tägliche Sterben und Leiden geht weiter – und die einzige Strategie des Westens ist bisher die der weiteren Waffenlieferungen. Eine politische Lösung ist zurzeit außerhalb der Gedankenwelt der USA und der EU!

Welch eine absurde Situation, dass der, der nach nicht-militärischen Wegen der Konfliktlösung sucht bzw. auf diese dringt, in die böse Ecke gestellt wird, aber die, denen außer dem Weg des Krieges bisher nichts eingefallen ist, sich weiterhin als die Konfliktlöser gerieren wollen!

Deshalb die (gespielte?) Empörung über Orban! Man mag den ungarischen Premier mögen oder auch nicht! Man mag ihn als Quertreiber sehen, der innenpolitische Konflikte beiseiteschieben will und sich deshalb außenpolitisch betätigt!

Aber bei einer nüchternen Betrachtungsweise wird man feststellen müssen: Eine Lösung auf dem Schlachtfeld ist nicht in Sicht! An Verhandlungen wird auf Dauer kein Weg vorbeiführen! Deshalb muss die EU aus dem Schatten der USA treten und eine eigenständige (diplomatische) Rolle einnehmen!

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Heinz Niski

Frieden bzw. ein Waffenstillstand und anschließende Friedensverhandlungen, wären schrecklich unpassend, jetzt, wo wir gerade Russland vernichten und uns auch China vorknöpfen. Die kriegen wir auch noch klein, wirst schon sehen.

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Mi.Rob.

Kann man die ganzen Friedensschwurbler nicht einfürallemal canceln, damit die Diskussion bald ein Ende hat?

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Ro.Bien.

CDU bügelt schon wieder glatt – man hätte halt ein paar Stellen weniger schwärzen dürfen..naaajaaaa…

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