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Heute mit: dem Runden, dem/den Franzosen und den/der  Machtgeilen

Seit Freitag rollt er nun – der Ball, und ab heute auch in Gelsenkirchen. Um rollen zu können, muss er rund sein, denn sonst käme das Runde nicht ins Eckige. Aber ob nun das Runde, die Kugel, die Murmel, der Ball, die Pille oder – immer noch auf Platz 1 der Begriffe für das Spielgerät – die Kirsche (Dortmunds Stürmer Lothar Emmerich: „Gib mich die Kirsche!“): das Spiel mit dem Ball, bei dem zwei Mannschaften mit 11 kurzbehosten Spielern – oder vermehrt auch Spielerinnen, versuchen, Tore zu erzielen, ist die beliebteste Sportart weltweit. Drei Konzerne sind beherrschend auf dem Weltmarkt des Spielgeräts: NIKE, Adidas (Gründer: Adolf „Adi“ Dassler) und Puma (Gründer: Rudolf Dassler, der PUMA nach dem Streit der beiden Brüder gründete). Pro Jahr werden etwa 100 Millionen Bälle hergestellt, davon rund die Hälfte in der pakistanischen 700000-Einwohner-Stadt Sialkot. Längst sind die Bälle keine handgenähten Schwergewichte aus Leder mehr, sondern Hochgeschwindigkeits-High-Tech-Produkte, die überwiegend nicht mehr genäht, sondern verklebt werden. Der aktuelle EM-Ball, wie moderne Autos auch im Windkanal geformt und verschiedenen Tests unterzogen, ist aus einem Spezialschaum gefertigt, der u.a. aus Maisfasern (abbaubar) und Zementkleber (hitzebeständig) besteht.

Dem Fußball eignet schon lange nicht mehr die Romantik von einst (11 Freunde müsst ihr sein, schönste Nebensache der Welt). Er ist ein knallhartes Geschäft, in dem Jungspunde schon Millionengehälter beziehen und gleichzeitig selbst Anlageprodukte mit Gewinnaussicht geworden sind, mit denen man handelt. Gleichwohl: der Fußball ist nicht kaputtzukriegen, die Begeisterung auf dem Platz und auf den Zuschauerrängen ist groß.  Und manchmal menschelt es noch: Ilkay Gündogan, der Kapitän der Nationalmannschaft und Mittelfeldspieler des FC Barcelona, dessen aktueller Marktwert bei 15 Millionen EURO liegt und in der Spitze (2019) 50 Millionen Euro betrug, hat es nicht vergessen, dass er aus Gelsenkirchen kommt und bei Hessler 06 als Jugendlicher ausgebildet wurde: er hat seinem alten Verein vor einiger Zeit einen Kunstrasenplatz spendiert!

Während die Fußballeuropameisterschaft läuft, bereitet sich Paris auf das nächste sportliche Großereignis vor: die Olympischen Spiele. Und auf ein politisches Ereignis: die Wahlen zur Nationalversammlung, die Macron nach den Europawahlen und der deftigen Niederlage seiner „Bewegung“ aufgelöst hat. Manchen gilt Macrons Entscheidung als mögliches Muster auch für Deutschland, wobei allerdings die Ausgangslage in mehrfacher Hinsicht unterschiedlich ist. Bisher gibt es in Deutschland keine Anzeichen dafür, dass die Ampel den Weg für Neuwahlen freimacht. Die Angst davor, bei einer Wahl noch weiter abzustürzen, ist bei allen drei Ampelfraktionen zu groß – CDU und AfD (plus BSW) sind in Umfragen im Aufwind, aber die Ampel hat im Bundestag noch eine rechnerische Mehrheit. Macron greift zum Mittel der Neuwahl eher aus taktischen Gründen: Er stellt die Wähler vor die Entscheidung: Entweder die „Rechtspopulisten“ von Le Pen oder Wir. Macron hat in der Nationalversammlung keine eigene Mehrheit. Durch die Neuwahl will er versuchen, Stimmen aus anderen politischen Lagern zu gewinnen und hinter sich zu versammeln – gegen Le Pen. In Deutschland wäre ein grundsätzlicher (!!) Wechsel zurzeit nicht möglich, es sei denn, es käme zur Auflösung der jetzigen Regierungskoalition, zu Neuwahlen  und zur Bildung einer neuen Regierung unter CDU-Führung. Macrons Taktik ist ein Hochrisikospiel, denn es könnte durchaus sein, dass Marine Le Pen als Wahlsiegerin aus den Wahlen hervorgeht! Ein wenig leuchtet am Horizont das Szenario auf, das Michel Houllebecq in seinem Roman „Unterwerfung“ aus dem Jahr 2015 beschreibt: Der Roman spielt im Jahr 2022. Um Marine Le Pen zu verhindern, gehen die bürgerlichen Parteien ein Bündnis mit der muslimischen Partei von Ben Abbes ein, der schließlich Präsident wird, die laizistische Verfassung ändert, die Theokratie, die Scharia, das Patriarchat und die Polygamie einführt. Eine Art politischer Selbstmord aus Angst vor dem Tod! Aber noch ist eine solche islamische Partei nicht auf dem Spielfeld!

Ganz anders als Macron agieren die GRÜNEN. Die haben bei den Europawahlen nicht nur in Deutschland Stimmen verloren, sondern, wenn man von skandinavischen Ländern absieht, durchweg in Europa. Nach (noch vorläufigen) Berechnungen kommen die europäischen Grünen insgesamt auf 52 Sitze im Europaparlament, das 720 Sitze hat. Zum Vergleich: Die EVP (zu der auch die CDU gehört) kommt auf 190 Sitze, die Liberalen auf 80, die Sozialdemokraten auf 136, die AfD und die Gruppe der Fraktionslosen auf 45 Sitze. Trotz der heftigen Schlappe der GRÜNEN üben diese sich nicht in Zurückhaltung und Demut, sondern, Wahlergebnis hin oder her, sie wollen „mitregieren“, so die Spitzenkandidatin der Grünen Terry Reintke, die ihre persönlichen Ambitionen auf den Posten einer EU-Kommissarin offensichtlich noch nicht begraben hat. „Trotz erheblicher Verluste bei der Wahl, zeigte sie sich selbstbewusst: „Wir wollen mitregieren, wir sind zu Verhandlungen über eine neue EU-Kommission bereit“. *** Die Machtgeilheit muss natürlich mit entsprechenden Floskeln verkauft werden. Reintke: „Wir werden für prodemokratische Mehrheiten im EU-Parlament werben.“ *** Vielleicht sollte Frau Reintke zur Kenntnis nehmen, dass es demokratische (und natürlich prodemokratische) Mehrheiten im EU-Parlament auch ohne die GRÜNEN und ihre „Werbung“ dafür gibt. Und vielleicht sollten die GRÜNEN anerkennen, dass in einer demokratischen Wahl die Mehrheit offensichtlich nicht scharf darauf war, von den GRÜNEN regiert zu werden. Auch wenn sich die GRÜNEN das kaum vorstellen können!

https://www.ruhr24.de/politik/gruene-niederlage-mitregieren-europawahl-2024-koalition-evp-24k-terry-reintke-von-der-leyen-93122421.html

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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