Die wunderbare Welt des Absurden (18)

Das Absurde kann jeden beliebigen Menschen an jeder beliebigen Straßenecke anspringen.“ Albert Camus

 

Und wenn es nicht das Absurde ist, das einen anspringt? Sondern ein Nagetier. Eine profane Ratte etwa? Die Ratten (Rattus) gehören – unter dem Aspekt der Familienzugehörigkeit – zu den Langschwanzmäusen (Muridae). Ursprünglich stammen sie aus Südostasien, Neuguinea und Australien, wobei ihre deutlich über 60 Arten mittlerweile auch in Europa heimisch geworden sind und uns als Wanderratte bekannt, weniger  als Hausgenossen beliebt sind. Für die meisten Gelsenkirchener ist die Ratte eher ein Gruseltier, das wir mit Krankheit, Ansteckung und Aggressivität assoziieren,  und die Ratte uns schon allein deshalb unangenehm erscheint, weil wir diese Gattung mit Müll, Dreck und Aas verbinden.

Das Interventions-Team der Stadt Gelsenkirchen hat bei seiner letzten Kontrolle zum wiederholten Male Dutzende der „Haustiere“ in vermüllten (genauer: unbewohnbaren) Räumen entdeckt, so etwa in Hinterhöfen, völlig verdreckten Kellern und in Bergen von Abfall. Ginge es um einen Kampf oder Wettstreit zwischen Menschen und Ratten, wüssten wir schon lange, wie der Sieger heißt: Es ist der Nager, der sich offensichtlich schneller vermehrt, als wir ihn besiegen und beseitigen können. Und die Vertreter der Spezies „Mensch“, die in den (teilweise) baufälligen Häusern leben, verstoßen nicht nur gegen Regeln und Gesetze, parken unangemeldete Autos vor den Häusern, in denen sie leben, vermüllen ihre unmittelbare Umwelt mit achtlos weggeworfenen Gegenständen aller Art (von Matratzen über altes Kinderspielzeug bis in Tüten verpacktem Restabfall) und nehmen eine Existenz zwischen Armut und Ausbeutung in Kauf. Dass das Zusammenleben zwischen den Bewohnern dieser Häuser, ihren Nachbarn und den Ratten nicht problemfrei läuft, versteht sich von selbst!

Aber: Bloß keine Zusammenhänge herstellen! Damit nicht der Eindruck erweckt wird, das Ratten-Phänomen hinge (in einer Art Kausalnexus) mit anderen Parametern zusammen, etwa der Entwicklung der Arbeitslosigkeit, dem starken Zuzug aus Südosteuropa, der Anzahl der Kinder in den Familien aus Südosteuropa, die mittlerweile die Schulbänke bevölkern (wenn sie denn überhaupt der Schulpflicht nachkommen),  den schwachen Leistungen in den Schulen (einschließlich körperlicher Unbeweglichkeit) oder einem Mangel an Kenntnissen der deutschen Sprache in Schrift und Rechtschreibung. Nein, so ist das nicht gemeint! Das könnte einer nicht genehmen Partei weiteren Auftrieb verschaffen – und das wollen wir doch nicht, oder?

Aber es ist so, dass Gelsenkirchen, gemessen an der Gesamt-BRD, eine mehr als doppelt so hohe Arbeitslosenquote hat: Im vergangenen Monat JUNI waren es 15,0 Prozent, wogegen die Quote in der BRD bei 6,2 Prozent lag. In NRW betrug die Juni-Quote 7,8 %, war also gerade mal halb so hoch wie in Gelsenkirchen, der Stadt der einstigen 1000 Feuer. Wer also heute noch, ohne historisches Bewusstsein, bei Heimspielen von Schalke das Vereinslied schmettert, hat den Schuss nicht gehört:

Tausend Feuer in der Nacht

Haben uns das große Glück gebracht

Die „tausend Feuer“ von einst, also die durch die Abstiche erzeugten Flammen, sind längst erloschen, die Zeit der Stahlöfen und Zechen ist lange vorbei. Wir haben massenweise Industriearbeitsplätze verloren, dafür aber jede Menge Zuwanderer bekommen. Und Ratten eben auch!

Das stört aber die Landes-Grünen nicht. Die haben, wie es sich für städtische Kleinbürger anständigerweise gehört, soeben ihre Plattform für den Landtagswahlkampf im September verabschiedet. Und während die WAZ heute auf der ersten Seite schlagzeilt: „NRW wird zum Rüstungsstandort. Rheinmetall startet Produktion von F-35-Bauteil in Weeze. Land denkt an Neubau von Kasernen“, herrschen bei den GRÜNEN Frieden, Freude und Eierkuchen, weswegen in einer kleinen Meldung, ebenfalls auf Seite 1, zu lesen ist, dass die einstige Öko-Partei im Wahlkampf „Klima- und Hitzeschutz“ ganz weit nach vorne auf ihre Agenda setzen will.

Auf der letzten Seite des „Mantels“ der WAZ springen uns – nein, keine Ratten! – drei junge Menschen entgegen (zwei Männer, eine Frau), die mit Sicherheit keine einzige Stimme von der AfD zurückholen, weswegen die lautsprecherische Überschrift des Artikels auch lautet: „Grüne wollen Dominanz der AfD brechen“, versehen mit einer Unterschlagzeile, die uns sagt: „Die NRW-Grünen setzen im kommenden Kommunalwahlkampf stark auf Social Media“. Was vielleicht nur ein Ausdruck davon ist, dass die GRÜNEN keine ausreichende Zahl Parteimitglieder für einen offensiven Straßenwahlkampf haben. Das wäre auch gefährlich, auf einmal waschechten Bürgern auf der Straße gegenüberzustehen.

Für diese These spricht die Idee mit den zentralen Slogans. Die sind nämlich so verflixt sprachspielerisch, dass man mindestens einen Magister-Aabschluss in angewandter Germanistik benötigt, um hinter den Sinn der Slogans zu kommen: „Macht heute, was morgen zählt.“ Und ergänzt durch den Knaller: „Macht für das Morgen.“  Alles durchgängig in Großbuchstaben. Wahrscheinlich wegen der vielen alten Leute, die die Slogans, die sie nicht verstehen werden, wenigstens besser lesen können. Oder so etwas in der Art!

Wir müssen zum Abschluss des Beitrags noch auf einen Menschen zu sprechen kommen. Alexander Zverev – das ewige Talent. Zverev hat 40 Jahre nach dem Triumph von Bobbele Becker vergeblich versucht, die erste Runde auf dem Rasen von Wimbledon erfolgreich zu überstehen. Hat nicht geklappt! Aber was noch schlimmer ist: Er hat vor der versammelten Weltpresse auch noch versucht, seine Lage zu erklären- irgendwas mit Befindlichkeit, Einsamkeit und anderen Ansichtskarten-Sprüchen! Als wenn dieses Geleier irgendjemanden von der Presse-Meute interessiert hätte. Dabei haben die doch nur auf eines gewartet, nämlich auf drei Wörtchen:

Aus!

Fertig!

Schluss!

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