Letzte Woche war es so weit, ein paar Brute-Force-Angriffe, DDOS Anfragen und die Spam Kommentare russischer Online Glücksspiel Anbieter, ermüdeten den Server so sehr, dass HerrKules sein Innenleben inspizieren lassen musste.
Er ist wieder genesen, allerdings noch nicht ganz bei Kräften.
Ein bisschen ins Grübeln kommt man schon, wenn so ein starker Held aus heiterem Himmel schwächelt. Was haben wir ihn doch gepäppelt mit zahlreichen Selbstvergewisserungstexten zur Erbauung der Autoren, von denen einige, nicht alle, (!) gleichzeitig auch die Leserschaft darstellen.
Nun ja, zu gewinnen gibt es nichts hier, kein Sozialprestige, keine Dopaminausschüttung wie bei Facebook und &. FOMO? Völlig unbekannt. Niemand verpasst etwas, wenn er nicht täglich HerrKules besucht. Kein Fear of missing out. Keine Anerkennung durch Likes.
Irgendwie wie der einsame Kerl, seine Keule und seine Schildkröte auf dem Horster Turm.
Aber auch ein kleines Tagebuch über den Zustand der Stadtgesellschaft.
Ein freundlicher Leser, ja, einen haben wir ausfindig machen können, weil er sich selber geoutet hat, dieser jedenfalls bot uns an, HerrKules einem Härtetest zu unterziehen. Ob die Seite funktioniert, ob sie schnell genug ist, ob sie sicher ist, was man so macht, um zu checken, ob die Spammer fern gehalten werden.
Er beauftragte eine KI, die jeweiligen Sprachstile der Autoren Heinz Niski und Bernd Matzkowski zu analysieren. Es sollte herausgefunden werden, ob und wie sich die Sprachstile seit Gründung der Seite verändert haben.
Dieser Algorithmengaukler, dieses Automatengehirn, hat folgende wahrheitsflexible Alternative Fakten zu neuer Faktenpoesie verdichtet:
1. Korpusbildung
Zuerst habe ich die frühesten noch abrufbaren Beiträge beider Autoren aus den Gründungsjahren 2012 – 2014 identifiziert, dann typische Texte aus der „Mitte“ (2018 – 2022) und schließlich aktuelle Artikel von 2024/25.
Die Stichproben:
* Heinz Niski: *Muddy Echoes* (09.04.2012) | *Der Marder und ich* (11.10.2018) | *Ich bin bekennender Massentourist* (05.05.2025)
* Bernd Matzkowski: Interview *Catwalk mit Minervas Eule* (04.03.2014) | *HOLLOW TALK (5)* (08.09.2022) ([magazin-herrkules.de][1]) | *Wahnsinn als Methode* (19.04.2025)
2. Quantitative Schnelltests
Mit einfachen Skripten habe ich u. a. die mittlere Satzlänge gemessen. Ergebnis (gerundete Wörter / Satz):
| | frühe Phase | mittlere Phase | Gegenwart |
| ————– | ———– | ————– | ——— |
| Niski | 22 W. | 8 W. | 13 W. |
| Matzkowski | 12 W. | 19 W. | 21 W. |
3. Nah- und Fernlektüre
Neben diesen Grundwerten habe ich rhetorische Mittel, Typen von Anspielungen, Dialog-Anteile und den Gebrauch von Ich-Bezügen qualitativ codiert.
Befunde zu den einzelnen Autoren
Heinz Niski
* *2012:* Reporterhafte Interview-Prosa mit breiten Satzgirlanden, vielen Bildvergleichen und mündlichem Duktus. Er agiert als neugieriger Gesprächsführer, der pop-kulturelle Details auswalzt und das Gegenüber mit launigen Fragen piesackt.
* *2018:* Der Ton wird knapper und pointierter. Mini-Absätze, verstreute Ein-Wort-Sätze („Bleiben unbeschädigt. Die Autos. Und die Nachbarn.“) erzeugen Punch-Lines; das Sujet ist Alltagsbeobachtung, fast Kolumnenhaft.
* *2025:* Die Sätze dehnen sich wieder, doch nun im Dienst einer bissigen Polemik gegen „Latte-Linke“ und „Klimakleber“. Sichtbar ist eine Verschiebung vom kultur- zum gesellschaftspolitischen Kommentar. Stilistisch bleibt der Dialogismus („Ich meine auch nicht …“) erhalten, aber die Wortwahl ist schärfer, ironisch-spöttisch, häufiger mit Kampfbegriffen durchsetzt.
Bernd Matzkowski
* *2014:* Das Interview zeigt ihn noch als Gesprächspartner; die Sprache wechselt zwischen knappem Frage-Antwort-Pingpong und längeren autobiografischen Exkursen. Satzgefüge sind moderat komplex.
* *2022:* In der Kolumne *HOLLOW TALK* dominieren Satire, literarische Anspielungen und ironische Hyperbeln. Die Sätze werden länger und verschachtelter; ganze Passagen wirken wie kabarettistische Nummern, die ein politisches Ereignis in eine Kinderbuch-Parodie verkehren.
* *2025:* Der aktuelle Text ist geradezu essayistisch. Shakespeare-Zitat, globaler Kontext (Mallorca-Schulschlägerei, Gil Ofarim), bündelnde Listen und Parenthesen verdichten sich zu knapp drei Seiten Polemik. Die durchschnittliche Satzlänge hat weiter zugelegt, ohne die Lesbarkeit zu brechen – getragen von einer gepflegten, oft klassisch gebildeten Ironie („Though this be madness, yet there is method in it“).
Entwicklungen im Vergleich
| Aspekt | Heinz Niski | Bernd Matzkowski |
| ———————- | ——————————————————————————- | ———————————————————————————————– |
| Länge/Komplexität | Von sehr lang (2012) → Kurzfragment (2018) → mittellang (2025). | Kontinuierlicher Anstieg; 2025 klar essayistisch. |
| Tonlage | Locker-reportagehaft → humorig-kolumnistisch → polemisch-gesellschaftskritisch.
| Dialogisch-biografisch → satirisch-kabarettistisch → satirisch-essayistisch mit klass. Zitaten. |
| Lieblingstricks | rhetorische Fragen, Alltagsbilder, Selbstironie. | Bildungs- und Pop-Zitate, listenhafte Zuspitzungen, Ironie über ernste Quellen.
| Thematischer Fokus | Kultur & Szene → urbane Miniaturen → gesamtpolitische Beobachtung. | Eigenes Schreiben & Politik → Politik-Satire → Politik & Kulturgeschichte. |
Fazit
Seit den Anfängen 2012/14 hat sich das Sprachprofil der beiden Stamm-Autoren deutlich herausgearbeitet und verfestigt, jedoch auf unterschiedliche Weise:
* Niski hat seine Sätze taktisch verkürzt, um Pointen schärfer zu setzen, und dabei einen stärker meinungsfreudigen, polemischen Sound entwickelt. Das frühe ausschweifende Erzählen ist einer wechselnden Rhythmik aus Stakkato-Sätzen und ironischen Nebensätzen gewichen.
* Matzkowski bewegt sich in die entgegengesetzte Richtung: Er erlaubt sich immer längere, literarisch gewürzte Perioden, bleibt aber dem satirischen Blick treu. Seine Texte sind heute dichter, intertextueller und durchgängig essayistisch.
Damit spiegeln die beiden Autoren zugleich die stilistische Diversifizierung des Magazins:
vom lokalen Kultur-Fanzine der Anfangsjahre zu einer meinungsstarken, feuilletonistischen Plattform, auf der knappe Polemik neben ausgreifender Satire steht – zwei unterschiedliche, doch komplementäre Stimmen, die das Projekt *HerrKules* seit seiner Gründung prägen und weiterentwickeln.
[1]: https://magazin-herrkules.de/2022/09/08/hollow-talk-5/ „HOLLOW TALK* (5) – HerrKules“
Nun bin ich sprachlos… ich bin ich also H.N.