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Dr. Stephan Poppe von der UNIVERSITÄT LEIPZIG befasst sich mit Zahlen. Besonders den Teilnehmerzahlen von Demonstrationen oder Kundgebungen. Dabei fällt ihm immer wieder auf, dass die von den Veranstaltern der Demos und der Polizei kommunizierten Größen deutlich voneinander abweichen. Wenn wir auf das vergangene Wochenende blicken, bekommen wir handhabbares Material. Wir nennen zunächst die von den Organisatoren der Demonstrationen veröffentlichten Zahlen der Teilnehmenden und setzen die Daten der Polizei in Klammern dahinter: In Berlin nahmen laut Organisatoren am Wochenende 250000 Menschen teil (160000), in Köln 43000 (17000), in Essen 33000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer (14000). Die Liste ließe sich fortsetzen.

Das Bild bestätigt sich: Die Organisatoren neigen dazu, die Zahl der Teilnehmenden „nach oben“ zu schrauben, die Zahlen der Polizei sind „gemäßigter“. Mal abgesehen von politischen Motiven: Den Zahlen wohnt eine Schwankungsbreite inne, die u. a. mit der gewählten Messmethode zusammenhängt. Die Polizei neigt dazu, die Anzahl der Reihen eines Demonstrationszuges und die Zahl der Menschen in einer Reihe zu multiplizieren. Laut Stephan Poppe liegt die Breite bei typischen Schätz- und Messfehlern bei 20 bis 30 Prozent. Ebenfalls haben die Zeitpunkte, an denen gemessen wird, Einfluss auf die Messergebnisse, die letztlich intransparent sind, weil die Grundlagen der Messmethoden nicht vermittelt werden.

Wir erinnern uns noch daran, dass Donald Trump nach seiner ersten Wahl mit der Behauptung an die Öffentlichkeit gegangen ist, bei seiner Amtseinführung sei die größte Demonstration aller Zeiten zustande gekommen, was er auch durch ein Foto belegte. Das hat allerdings Teile des weitaus größeren Demonstrationszuges bei der Amtseinführung Obamas nicht gezeigt. So liegt auch in diesem Fall das „richtige“ Ergebnis im Auge des Betrachters, und wir wissen schließlich, dass alle Magier nicht wirklich zaubern können, sondern uns – mit teilweise höchst kunstvoll arrangierten Illusionen – täuschen. Was früher die Kisten mit doppeltem Boden waren, leisten heute hochgradig komplizierte optische Täuschungen, eine ausgeklügelte Software und leistungsstarke Rechner!

Im Auge des Betrachters liegen aber auch Zahlen auf anderen Gebieten, etwa im Bereich der Schulen und der Versorgung der Heranwachsenden mit Unterricht. Die jetzt vom Schulministerium veröffentlichten Zahlen zum erteilten Unterricht und zum Unterrichtsausfall an Grundschulen in Gelsenkirchen machen eine große Schwankungsbreite deutlich, die uns vor Augen führt, dass „gleiche Lernvoraussetzungen“ ein klimperndes Modewort sind und mit der Realität wenig gemein haben. Rund ein Drittel der Grundschulen erreicht es immerhin, über 80 Prozent des geplanten Unterrichts zu erteilen. Im unteren Viertel finden wir sieben Grundschulen, die gerade einmal im Bereich von 60% erteiltem Unterricht liegen, von denen wiederum drei Schulen am Ende der Tabelle zu finden sind, weil knapp 70% der zu erteilenden Stunden ersatzlos entfallen sind. Dazu hat das Schulministerium aber auch einen Zauberspruch parat, der unter die Rubrik „Intransparenz“ fällt. Da heißt es vom Ministerium:

 „Ein Teil des ersatzlosen Unterrichtsausfalls und des eigenverantwortlichen Lernens ist auf systembedingte Gründe zurückzuführen.“ (Quelle: waz, Lokalteil GE vom 3.2.2005, S.3)

Na dann: Hefte raus! Klassenarbeit!

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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