0
(0)

Der Mann, den wir als Jesus kennen, Sohn eines Zimmermanns und einer Hausfrau, hatte sich in Bethlehem schon früh einen Namen gemacht, weil er allerlei Kunststückchen, Jongliernummern, Kartenspielertricks und verblüffende Würfelzaubereien beherrschte. Auch dass die drei Sternendeuter aus dem Morgenland, die von einem besonders hell leuchtenden Gestirn mit einem gewissen Hang für das Zynische fälschlicherweise an seine Krippe geführt worden waren und ihm ihre Geschenke zu Füßen legten, bis seine Mutter sagte, er sei aber doch überhaupt nicht derjenige, auf den das Volk schon seit Jahrhunderten als Befreier gewartet hätte, hat seinen Ruhm nicht gerade geschmälert.

Als Junge im Alter von rund 12 Jahren verlegte er sich auf das Dressieren von Fledermäusen, Hamstern und Wanderheuschrecken, und es gelang ihm sogar, nur durch die Kraft seines Willens, sich in einen Käfer zu transformieren, bis er sich schließlich wieder in seine menschliche Gestalt verwandelte. Höhepunkt seiner Käferexistenz war es immer, wenn er – unter größter Kraftanstrengung – die Wände der kleinen Hütten und der herrschaftlichen Paläste hochkrabbelte und dann unter dem heiseren Fauchen eines Käfers an der Decke entlang kroch, um sich schließlich von oben ins Bett zu stürzen. Da fiel manches junge Mädchen in Ohnmacht. Und selbst die alten Frauen seufzten unüberhörbar auf, denn ihre Männer vermochten ein solches Kunststück nicht zu tun.

Mit der Zeit scharte der Illusionist auch ständige Begleiter um sich, die mit ihm durch das Land zogen, in dem nun die Römer als Besatzungsmacht herrschten. Schließlich entschied sich der Magier dafür, es bei zwölf, wie er sie nannte, „Jünger“ zu belassen. Das schien ihm doch eine gute Zahl zu sein: Durch 2, 3, 4 und 6 ohne Rest teilbar und der Zahl unserer Monate entsprechend, also gleichsam die jüdischen 12 Stämme repräsentierend, die für die zwölf Söhne Jakobs im Alten Testament stehen. Die himmlische Stadt Jerusalem hatte nach den Offenbarungen des Johannes 12 Tore, auf denen 12 Engel standen, und hatte 12 Grundsteine mit den Namen der 12 Apostel.

Der Mann, den wir heute als Jesus kennen, ist und bleibt uns letztlich immer noch ein Rätsel, denn wir erfahren etwas über seine Geburt, über seinen Zorn über die Händler und Geldwechsler, die er aus dem Tempel vertreibt. Aber wir erfahren nichts über die Jahre seiner Pubertät, über die Zeit, in der Jugendliche mit dem Rauchen anfangen, wir erfahren kaum etwas über seine Eltern oder über seine Freizeitvergnügungen, etwa ob er an Eselsrennen teilgenommen hat. Wir lernen ihn aber als Magier, Heiler, Friedensstifter kennen, als Unterrichtenden und als Zweifler („Vater, warum hast du mich verlassen?“). Und als jemand, der in den besten Momenten ganz bei sich ist, nahezu eine mönchische Lebensweise praktiziert.

Und wir vernachlässigen dabei eine Antwort auf die Frage, ob Jesus beim letzten Abendmahl (L´Ultima Cena) tatsächlich nur mit den Aposteln am Tisch sitzt oder ob Leonardo da Vinci doch Maria Magdalena, die so feminin wirkt, an den Tisch geschmuggelt hat.

Und natürlich möchten wir aufspringen im Kino an der Stelle, wenn der schwache römische Statthalter nur so tut, als stünde das Urteil über den Mann, den wir als Jesus kennen, noch nicht fest.

Und dann möchten wir rufen:

Du bist ein Heuchler! Du gehörst ans Kreuz geschlagen!

Wie inspirierend, erhellend, unterhaltend war dieser Beitrag?

Klicke auf die "Daumen Hoch" um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 0 / 5. Anzahl Bewertungen: 0

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Weil du diesen Beitrag inspirierend fandest...

Folge uns in sozialen Netzwerken!

Es tut uns leid, dass der Beitrag dich verärgert hat!

Was stimmt an Inhalt oder Form nicht?

Was sollten wir ergänzen, welche Sicht ist die bessere?

Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
Meine Daten entsprechend der DSGVO speichern
1 Kommentar
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Ali-Emilia Podstawa

Ein paar biografische Angaben sind verrutscht. In Bethlehem wird sich ein Säugling direkt nach oder gar noch vor seiner Geburt keinen Namen gemacht haben mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Dies könnte höchstens in Nazareth passiert sein, doch wird in den vier Büchern, in denen die Geschichte eines Mannes, der in keine Schublade passt, aus verschiedenen Perspektiven ausgebreitet wird vielfach darauf hingewiesen, dass seine Präsenz die Menschen verblüffte und faszinierte, nicht aber irgendwelche Kunststückchen. Einige behaupten gar, er war einer von uns und doch ganz anders.

1
0