„Das Absurde kann jeden beliebigen Menschen an jeder beliebigen Straßenecke anspringen.“ Albert Camus
Geht man auf die Webseite der Gelsenkirchener GRÜNEN und sucht nach einer Einschätzung der Ergebnisse der Europawahl – dann sucht man …vergeblich! Zumindest bis heute findet man als „Aufmacher“ auf der ersten Seite immer noch die gemeinsame Vor-der-Wahl-Erklärung von SPD, CDU, FDP und den GRÜNEN gegen (tätliche)Angriffe auf Menschen, die sich im Wahlkampf engagieren. Eine Pressemitteilung oder politische Stellungnahme mit Tagesaktualität nach der Wahl: Fehlanzeige!
Allerdings: Schaut man in die Rubrik „Termine“, findet man folgenden Hinweis***: „Liebe Leute, die Ergebnisse der Europawahl waren ein harter Schlag. Viele Ideen stehen im Raum wie wir unsere Strategien anpassen wollen. Die nächste Möglichkeit zum Austausch ist unser Stammtisch am 20.06 ab 19:30 in der Rosi.
Das erste Getränk geht auf den KV!“
Setzt man einmal voraus, dass diese Sätze nicht sprachlicher Schludrigkeit oder geistiger Unterbelichtung geschuldet sind, dann geht es eben nicht um die gemeinsame Suche nach Gründen für die herbe Niederlage der Grünen (und der beiden anderen Ampel-Parteien), sondern es geht lediglich um die „Anpassung“ grüner Strategien. Das bedeutet nichts anderes als den Versuch, den bisherigen (alten) Wein in neuen Schläuchen zu verkaufen – eine renovierte „Verkaufsstrategie“ also. Dahinter steckt – unausgesprochen – die immer wieder zu hörende und zu lesende Auffassung, man habe die richtige Politik gemacht, diese aber nicht gut genug „kommuniziert“. Man könnte auch formulieren: Die Leute sind zu blöd für unsere Politik – wir müssen ihnen in „einfacher Sprache“ beibringen, was sie gut finden sollen oder, etwas strenger, gut zu finden haben!
Was die Kneipen-Strategien angeht, bekommt man eine Ahnung, wenn man auf die Seite der Bundespartei geht. Dort findet man im entsprechenden Beitrag zur Europawahl außer dem üblichen Politgesülze (der Dank an die Wahlkämpfer, die Spitzenkandidaten und die geschrumpfte Wählerzahl) nicht den Hauch einer Analyse. Man beschäftigt sich nicht mit den Gründen für den Absturz der GRÜNEN, anders gesagt: man sieht auch weiterhin den Elefanten im Raum nicht, sondern betreibt Wählerschelte, denn die Wählerinnen und Wähler haben „falsch“ gewählt. So Terry Reintke, die Spitzenkandidatin:
„Dass die AfD die zweitstärkste Kraft bei einer Europawahl wird, ist eine demokratische Katastrophe. Die Rechtsextremen bekommen von uns nur eines: unseren Widerstand.” *****
Hier springt uns das grüne Selbstverständnis (Arsch voraus) ins Gesicht: Dass eine andere Partei die zweitmeisten Stimmen bekommen hat, ist für Reintke nicht Ausdruck der Konkurrenz von Parteien und ihrer unterschiedlichen Auffassungen als Kern der demokratischen Auseinandersetzung und kein Zeichen einer lebendigen Demokratie (in der Mehrheiten wechseln), sondern gleich mal eine „demokratische Katastrophe“. Die Strategie heißt also: WIDERSTAND! Wie könnte der aussehen?
Die GRÜNEN haben nur noch 12 Sitze im Europaparlament, neun haben sie verloren, wogegen die AfD sechs Sitze hinzugewonnen hat und nun 15 Sitze innehat. Wollen sich die armen neun GRÜNEN, die ihren gut dotierten Posten verloren haben, vor dem Büro der AfD anketten und rufen: Gebt uns unsere Posten wieder, ihr seid eine demokratische Katastrophe? Vielleicht Rübenkraut auf die AfD-Sitze schmieren oder Furzkissen auf die Sitze legen!
Terry Reintke ist eine Ritterin der platten Phrase, die nicht die Größe hat, eine Niederlage anzuerkennen, und die den Wählerinnen und Wählern, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben, die demokratische Grundhaltung abspricht. Das ist kleingeistig, arrogant und eben – durch und durch grün: ein bizarrer und zugleich gefährlich Machtanspruch, eine Selbsterhöhung und Elemente eines autoritären Denkmusters.
ABER: der heutige Beitrag soll konstruktiv enden. Deshalb meinerseits kostenfrei ein Vorschlag für die „Kneipenrunde“ der GRÜNEN: Ich empfehle als Einstieg in das Gespräch für die gemeinsame Lektüre den Aufmacher der heutigen Lokalausgabe GE der WAZ mit der Überschrift „Müll, Park-Chaos und Raser in Bulmke-Hüllen“ und der Unterzeile: „Anwohner sind mit ihrer Geduld am Ende. Das wurde auch im Präventionsrat deutlich“.
Statt Strategiedebatte also die Augen für den Elefanten öffnen!
*** Quelle: https://gruenege.de/termine/stammtisch-im-sueden/
***** Quelle: https://www.gruene.de/artikel/ergebnis-europawahl-eine-herausforderung-fuer-alle-demokrat-innen
… auch bei der GELSEN.spd gab es, bis Mittwoch Abend, eine GEwissermaßen totale Sprachlosigkeit bezüglich des EUropawahlverhaltens – was Frau Welge, tief verwurzelt in GE, not amused zurückließ.
Die Zeiten ändern sich – heftig sogar.