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 Ich kann mich vor ein Glas mit Rollmöpsen setzen. Rollmöpse sind Heringslappen oder Heringsfilets. Die Lappen oder Filets werden gerollt und von zwei Holzstäbchen (manchmal auch Kunststoffstäbchen) zusammengehalten. In den gerollten „Möpsen“ finden sich Stücke von Gewürzgurken und Zwiebeln, die unter Verwendung der Stäbchen aufgespießt werden. Die übliche Handelsform ist ein Glas. Darin schwimmen die Möpse in einer grauen Lake, die ungefähr 50% des Gewichts im Glas ausmacht. Das Abtropfgewicht (also der Mops und seine „Innereien“) machen die zweiten 50% aus. Ein KG Rollmops im Glas (Abtropfgewicht) kostet im Angebot rund 8 EURO. Die Lake ist trübe, der Mops silbrig-grau, die Gurkenstücke von einem blassen, eher dunklen GRÜN, die Zwiebeln farblos, fast transparent. In der Lake schwimmen manchmal noch ein paar Senfkörner und Gewürzpartikel, etwa Pfeffer.
Ich kann mich also vor ein Glas mit Rollmöpsen setzen und mir vorstellen, die gräulich-trübe Welt im Glas sei ein Korallenriff. Etwa das Riff an der Nordküste von Osttimor mit seinen Stein-und Lederkorallen. Was grau ist, sehe ich als bunt und farbenprächtig. Wo Teile eines toten Fisches in trüber Lake, auf den Verzehr wartend, vor sich hindämmern, sehe ich Artenvielfalt und die größten von Lebewesen geschaffenen Strukturen der Erde. Ich sehe Farbexplosionen statt grauen Trübsinns. Prachtvolle Lebewesen statt toter Fischteile. Ich sehe die Unterwasserwunderwelt der Natur statt industrieller Produkte aus der Fischfabrik. Ich sehe, was ich sehen will. Sehen möchte. Sehen mag! Das ist die Macht des Blicks!
Was mit Rollmöpsen im Glas funktioniert, funktioniert auch anderweitig. Etwa mit Städten. Nehmen wir als Beispiel mal Gelsenkirchen. Der Rollmops, genannt Gelsenkirchen, erscheint dann so:

„Als jemand der in Gelsenkirchen geboren und aufgewachsen ist, durfte ich erleben, wie unglaublich facettenreich unsere Stadt ist. (…) Ich antworte auf fragende Gesichter immer mit: „Hier ist es doch so grün! Und die vielen kulturellen Angebote und dann natürlich noch die Menschen, mit ihrer gnadenlosen, aber charmanten Ehrlichkeit“. (Angelique S., Beisitzerin im Vorstand der Gelsenkirchener GRÜNEN, Quelle: GRÜNE GE)
Mit gnadenloser, aber charmanter Ehrlichkeit gesagt: Wenn man mit dem richtigen Blick lange genug in ein Glas mit Rollmöpsen schaut, sieht man statt toter Heringslappen vielleicht auch Clownsfische. Oder die Clownsfischin sitzt gerade vor dem Glas mit Rollmöpsen!

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Heinz Niski

Rauchst du gerade gerollte Möpse? Die gnadenlose, aber charmante Ehrlichkeit von HerrKules hat ihm doch eine Entfreundung durch einige prominente Gelsenkirchener Grünen beschert.
Der Text von A.S. muss ein Jokes sein.

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Last edited 11 Monate zuvor by Heinz Niski
Ro.Bien.

Unbegreiflich wie Menschen, die im Berufsleben mit Obdachlosen arbeiten, sich so ein Blümchengemüt bewahren. Aber Grün sein hat auch was Religiöses – vielleicht erklärt das.

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Fra.Prez.

Der Text ist sehr anregend. Stelle mir den Rollmops mit den Innereien aus Gürke, Zwiebel und LSD-Trip vor. Dann wird das Rollmopsglas (sprich GE) nicht nur zum tropischen Korallenriff, sondern vielleicht auch zum Paradies auf Erden. Und dann schwelgt man auch im Blödsinn, wie Angelique S. (…gab es da in den 70er nicht diese Soft-Porno-Romane gleichen Namens im Bertelsmann Buchklub?)

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Fra.Prez.

Danke für die Info, die meine verblasste Erinnerung erhellen konnte

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Dag.Lau.

Danke, endlich mal schmunzeln beim Kaffee!

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