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Die einen sagen so – die anderen sagen so

Die einen sagen, das Wort Karneval sei von carrus navalis (lat.) abgeleitet. Das Wort beschreibt einen schiffsartigen Karren, ein Schwimmfahrzeug, also ein Schiff auf Rädern. Auf einem solchen „Fahrzeug“ sollen die Priester des Dionysos in Athen bei den Feierlichkeiten zu Ehren des Gottes (Dionysien) durch die Stadt gezogen worden sein. Die Festwagen der heutigen Umzüge haben bei dieser Lesart darin ihre Entsprechung. Dionysos war bei den Griechen der Gott des Weines, des Rausches, der Ekstase und des Wahnsinns, bei den Römern als Bacchus dann etwas züchtiger der Gott des Weines und der Fruchtbarkeit. Der Zusammenhang mit dem Straßenkarneval ist naheliegend.

Die zweite Lesart stellt eine Beziehung zur Fastenzeit her, zum Abschied vom Genuss. CARNE VALE! (Fleisch, leb wohl!) Eine eher spaßige Herleitung, aber mit ernstem Kern, liegt der sprachliche Ursprung doch im mittellateinischen „carnislevamen“ (Entzug des Fleisches: carnis-Fleisch, levare-wegnehmen).
Aber nichts Genaues weiß man nicht, denn die einen sagen so, und die anderen sagen so!

Viel entscheidender ist die Frage, als was man geht, wenn man geht! Man muss heutzutage vorsichtig sein, damit man nicht als Rassist abgestempelt wird, was in diesen Zeiten schnell mal vorkommt und schlimmer ist, als wenn man nach dem karnevalistischen Bacchanal in seinem eigenen Erbrochenen ausrutscht (was auch schon mal vorkommt). Eins ist klar: Indianer geht nicht wegen der Inder, Eskimo geht nicht wegen der Inuit, Onkel Tom geht nicht wegen Sklaverei und Louis Armstrong geht nicht wegen black-facing und Jazz, war „Satchmo“ doch Jazz-Trompeter. Und „Uncle Ben´s“ geht auch nicht, wegen der kulturellen Aneignung (Reis!!).
Als (deutsche) Kartoffel geht aber auch nicht: a) wegen kultureller Aneignung, da die Kartoffel ursprünglich aus Lateinamerika kommt und der Eroberer Kolumbus, der meinte, bei den Indern gelandet zu sein, obwohl er bei den Native Americans war, sie nach Europa importiert hat und b) weil sie in Deutschland, das es damals noch nicht gab, vom Preußenkönig Friedrich II. (der Alte Fritz) auf dem Wege der königlichen Verordnung zwangsweise heimisch gemacht worden ist. Außerdem liebte der Preußenkönig seine Windhunde mehr als die Menschen, weshalb sie neben ihm begraben sind. Deshalb verbietet sich ein Windhund-Kostüm schon mal sowieso. Aus Rücksichtnahme geht man auch nicht als MEM (mobile ethnic minority) oder Rotationseuropäer oder als Carmen (kulturelle Aneignung) oder Torero (dito/Stierkampf).
Welche Kostüme eher unproblematisch sind: vegane Stadionwurst, Berliner Problem-Bärin „Giffey“, Windkraftanlagen-Rotorblatt, Lützi-Baumhaus, UHU (Klebstoff, nicht der Vogel), als Paar dann Uhu und Pattex!
Wirklich funzen können in diesen Kriegszeiten aber nur Kostüme, die die richtige Haltung zeigen: also etwa „ukrainischer Infanterist“ oder (noch besser) „ukrainischer Vize-Außenminister“. Andrij Melnyk hat sich als profunder Kenner und großer Liebhaber und Beschützer der deutschen Philosophie und ihrer Geschichte gezeigt, als er über Jürgen Habermas und dessen Plädoyer für Verhandlungen äußerte: „Dass auch Jürgen Habermas so unverschämt in Putins Diensten steht, macht mich sprachlos. Eine Schande für die deutsche Philosophie.“
Für dieses Kostüm benötigen sie lediglich einen Anzug, ein Hemd, Schuhe und eine große Portion Schaum (Eierschnee oder Rasierschaum), der aus ihrem Mund quillt, wenn sie meinen, etwas sagen zu müssen. Denn:
Die einen sagen so, die anderen sagen so!

*hollow (Adj.): hohl, leer, dumpf, bedeutungslos

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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