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Ich misstraue kleinen Männern. Sie sind von allen die boshaftesten, verbittertsten, nachtragendsten, die es gibt. “ (Karl Lagerfeld)

Leider sind kleine Männer nicht nur häufig boshaft, verbittert und nachtragend, sondern auch noch schlecht angezogen. Und damit meine ich jetzt nicht die Mode-Talibans, die in ihren Couch-Potato- Schlabberhosen zum Einkauf ihrer Sechser-Packs Billigbier latschen, Kleidungsstücke aus Polyester tragen, damit ihr Achselschweiß zu einer olfaktorischen Hybrid-Komposition aus menschlicher Ausdünstung und chemischen Prozessgerüchen amalgamiert, und Sweatshirts anziehen mit in riesigen Buchstaben und in schrillen Farben geflockten Namen von Universitäten, an denen sie nie waren, weil es diese Universitäten überhaupt nicht gibt!
Nein, ich meine die kleinen Männer, die Hosen, Sakkos, Hemden, Krawatten oder sogar Anzüge anziehen. Und daran scheitern! Was zumeist nicht an den Kleidungsstücken liegt, sondern vielmehr an den Trägern. Häufig findet man diese bemitleidenswerten Gestalten in der Sphäre der Politik. Denken Sie etwa an Gerhard Schröder in seinen Brioni –Anzügen, die als Konfektionsware im Preis locker zwischen 5000 und 10000 EURO liegen, als Maßanfertigungen aber auch mal schnell 40000 Euro kosten. Aber dafür ist der Anzug dann auch einzigartig. Aber nicht unbedingt sein Träger, auch wenn Brioni schreibt:
Jeder Kunde hat seinen ganz persönlichen Lifestyle und eigene Ansprüche und Vorstellungen, was Komfort und Stil angeht. (…). Unsere Experten geben Ihnen dabei wertvolle Tipps und hauchen dem Stoff dann nach echter Brioni-Art mit zahlreichen Details und ganz nach Ihren Vorstellungen Leben ein.“1)
Mag sein, dass dem Stoff bei Brioni Leben eingehaucht wird, dennoch kann der Mann im Anzug nach geistiger Verwesung riechen, wie auch Schröder in Brioni-Edelteilen doch immer noch der unelegante Fußballspieler blieb, der von seinen Mannschaftskameraden in der Provinz als Mittelstürmer nicht ohne Grund „Acker“ gerufen wurde. Schröders Gegenpart ist sowohl politisch wie kleidungstechnisch der gnadenlos gescheiterte Martin Schulz in seinen, wie es Silke Wichert einmal treffend im SZ-Magazin formuliert hat, „Out-of-Würselen-Anzügen“, die schon vestimentär zum Ausdruck brachten, dass er eine zum desaströsen Scheitern verurteilte Figur der deutschen Polit-Landschaft werden sollte.
Wenn wir, in die jüngere Vergangenheit blickend, Schulz und Schröder als Gegenentwurf des jeweils anderen angesprochen haben, dann finden diese beiden kleinen sozialdemokratischen Männer ihren jeweiligen Wiedergänger in der Gegenwart in Heiko Maas und Markus Töns.
Beide stehen auf den Trümmern der SPD in der Hoffnung, dass die Partei sich wieder zur alten Größe erheben wird, der eine als Außenminister und der andere als Bundestagsabgeordneter. Und mit der Partei, so hoffen sie, würden auch sie selbst wachsen!
Maas, von der Zeitschrift GQ zum bestangezogenen Mann des Jahres 2016 gekürt, steckt bei öffentlichen Auftritten, verzeihen Sie das Wortspiel, in Maas-Anzügen, die immer wie eine Nummer zu klein wirken. Wenn er eine Frau wäre und recht adipös und schrill-bunte Leggins trüge, die nur mit großer Mühe die rundum angelagerten Portionen wenig festen Fleisches mit sehr hohem Fettanteil daran hindern würden, sich in alle Himmelsrichtungen davonzustehlen, um zu Boden zu tropfen, dann sähe es bei Maas fast genau so aus: nur in magersüchtig. Oder anders und genauer: Bei Heiko Maas ist es so, dass sich nicht Fett davonstiehlt, sondern sich der ganze Mann im Anzug davon stiehlt. Man könnte fast sagen, er diffundiere mit dem Anzugstoff! Was bleibt, ist ein atmender und sprechender und sehr schmal geschnittener Anzug, der schwitzt!

Vielleicht ist die Vorliebe von Maas für enge Anzüge durch seine Zeit als Messdiener bestimmt. Bei denjenigen, die diese Tätigkeit ausüben, z.B. als Weihrauchdiener, die das Weihrauchfässchen schwenken, ist die Kleidung eher weit und luftig geschnitten. Jetzt schwenkt Maas bei jeder Rede, die er hält, Fässchen mit sprachlichem Selbstbeweihräucherungs-Rauch, dass es nur so qualmt. Er will aber nicht mehr wie ein Messdiener erscheinen und trägt deshalb ein schmales Gewand. Was aber dazu führt, dass er (bei einem Dreiteiler) wegen der eng anliegende Weste, die die Lunge einschnürt, und wegen der fest gezogenen Krawatte, die den Hals zuschnürt wie bei jemandem, der sich selbst erhängt, nur wenig Luft bekommt und deshalb immer gepresst spricht. So gepresst, dass das Sprechen eher zum Knödeln gerät. Die Atemnot führt bei ihm schnell dazu, dass sich Querfalten über seine Stirn ziehen. Das hat eine Doppelfunktion: die Falten betonen die Wichtigkeit seiner Aussage (auch wenn bzw. weil es nur Qualm aus dem Wort-Räucherfässchen ist).Und der Schweiß auf der Stirn kann über die durch die Falten gebildeten Abzugsrinnen nach links und rechts abgeleitet werden. Was aber bleibt, ist der Eindruck von einem Kommunionskind, das man in einen Anzug gesteckt hat, der dem 10 Jahre jüngeren Bruder noch so eben passen würde!
Wenn Nietzsche einmal gesagt hat „Wo immer ich hingehe, folgt mir ein Hund namens Ego“, dann ist das mit Maas und seinen Anzügen so, als folgte ihm ein ganzes Rudel Hunde, weil er unter dem Druck steht, ständig sein Ego aufpumpen zu müssen. Denn wer meint, er müsse uns mit der Aussage belästigen, er sei wegen Auschwitz in die Politik gegangen, der ist ohne Zweifel an-Maßend über alle Maßen. Auch wenn er in Maß-Anzügen steckt!

Markus Töns hat schon bei der Flugbahn ins Leben von einer anderen Startrampe abgehoben als der Staatsexamens-Jurist Maas. In Gelsenkirchen geboren, lebt er in Gelsenkirchen und vertritt „seine“ Stadt im Bundestag als direkt gewählter Abgeordneter. Er machte zunächst den Hauptschulabschluss, wechselte dann zum Gymnasium und erlangte das Abitur, studierte danach Politologie (mit Abschluss) und begab sich politisch in gewisser Weise auf die Ochsentour: Jusos, Kommunalpolitik, Landtag, Bundestag. Töns gibt sich bodenständig und bürgernah. Das ist der Ausgangspunkt für seinen Kleidungsstil – wenn man das, was er als Kleidung bezeichnen würde, denn so benennen will. Er trägt vorzugsweise das, was der Gelsenkirchener „out-of-upper- middle-class“-Typ halt gerne trägt: jeans und Oberhemd (weiß). Diese Art von Nicht-Mode ist beliebt, praktisch und gewöhnlich, also NULL-ACHT-FÜNFZEHN, was durchaus nicht abwertend gemeint sein soll. Wer bodenständig und auch mal hemdsärmelig erscheinen will, ist darin durchaus zweckmäßig aufgehoben.
Bei Sakkos und ganzen Anzügen, die schon mal im Bundestag zum Einsatz kommen müssen, sieht es anders aus. Da ist er halt der kleine Markus, dem die Mutter morgens zur Schule immer die Kleidung hingelegt hat, „damit der Junge auch ordentlich aussieht“. Und sollten die Sachen mal nicht richtig sitzen, weil sie vielleicht etwas zu groß waren, hieß es eben: „Da wächst du noch rein!“ Und so sieht das bei einem Anzug, in dem Markus Töns steckt, auch heute noch aus. Fast immer ist das Sakko ein wenig zu groß und zu weit, so als trage er den Kleiderbügel, auf dem das Sakko aufgehängt war, ständig mit als Schulterstück, damit der bodenständige Markus nicht aus der Jacke des Abgeordneten Töns fällt! Wenn er, in dem weiten Sakko sich verlierend, anfängt, beim Reden zu gestikulieren, sieht das immer etwas verloren, fast Mitleid erheischend aus, weil die Hände in den Jackenärmel zu versinken drohen. Setzte man ihm eine Krone auf, wäre er eine tolle Kinderbuchfigur: Markus – die Abenteuer des verschlurften Königs mit den langen Ärmeln! Das würde ein Hit!
Weil das so ist mit den Sakkos, ist Töns eigentlich ein Typ für Baukastenanzüge, bei denen man bekanntlich Sakko und Hose, ganz nach den Körpermaßen, in unterschiedlichen Größen, aber von Farbe, Schnitt und Stoff her passend, erwerben kann. Aber vielleicht ist das nicht sozialdemokratisch oder zu umständlich beim Einkauf? Jedenfalls können wir davon ausgehen, dass Markus Töns nicht der typische # OOTD-Typ ist. 2) Und modisch ist er auch nicht das, was man Avantgarde nennen könnte! Aber das ist er politisch als Sozialdemokrat ja auch nicht, denn da kann von politischer Extravaganz, neuen Wegen und dem Mut zu Innovationen ebenfalls nicht die Rede sein. Er ist eben mehr der solide Typ. Zwar wagt er sich beim Essen auch mal an „eigene Kreationen“, aber seine Lieblingsspeise ist und bleibt die „Currywurst“! Und das passt schon – auf jeden Fall zur Kleidung! 3)

Ich habe mit einem Zitat von Karl dem Großen begonnen und möchte ihn im letzten Abschnitt gerne abermals zitieren:
Ich hasse das Wort billig. Menschen sind billig, Bekleidung ist dagegen teuer oder preiswert.“ 4) Wenn Lagerfeld hier von billigen Menschen spricht, dann meint er die, die billig angezogen sind. Und das können sie sein, obwohl ihre Kleidung sehr teuer war! Auch in einer sehr teuren Jogginghose einer Edelmarke kann man also billig aussehen. Und darauf hebt Lagerfeld ab, wenn er sagt: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ 5)

Es geht halt um den Kleidungsstil, der zum Träger und zum Anlass passen muss. Deshalb ein positives Gegenbeispiel: Inspektor „Columbo“ aus der gleichnamigen Krimiserie. Columbo, bei der Polizei von Los Angeles tätig, trägt immer einen zerknautschten Regenmantel (obwohl es in Kalifornien eher selten regnet), einen grauen, ebenfalls zerknautschten Anzug und dazu braune, abgelatschte Schuhe. In den Taschen von Anzug und Mantel transportiert allerlei Dinge – von Streichhölzern über Stifte bis hin zum wichtigen Notizbuch. Er selbst ist ebenso zerknautscht wie sein Anzug und sein Mantel, er erscheint zumeist unrasiert und mit wirrem Haar, obwohl ihm sicher bekannt ist, dass es eine Erfindung gibt, die Kamm heißt. Auch sein Auto wirkt eher schäbig, obwohl der Peugeot 403 (Baujahr 1959) ein exklusives Modell ist, denn von der Cabriolet-Version Columbos wurden insgesamt nur 2043 Stück produziert.
Kurz und gut: Der Mann macht modisch und von der gesamten äußeren Erscheinung her den Eindruck, er habe ein Dauerticket für ein Obdachlosenheim gebucht. Nach ein paar Folgen der Serie  – spätestens! – merkt der geneigte Zuschauer, dass das äußere Erscheinungsbild eine „Waffe“ ist, Teil der Ermittlungsstrategie des Inspektors, die wesentlich darauf beruht, dass er unterschätzt wird. Er gibt den Tölpel in halb-verwahrlostem Zustand, der eher einfältig,  unaufmerksam und verwirrt ist. Die Maskerade aber verbirgt einen intelligenten, cleveren, ausgefuchsten und trickreichen Polizisten, der ein genialer Verhör-Taktiker und äußerst guter Beobachter ist, der jeden Täter überführt. Er sieht billig aus, seine Kleidung, macht nichts her! Aber unter der Kleidung steckt ein ganz Großer! Obwohl er von der Statur her zu den Kleineren gehört!
Er ist nicht boshaft, verbittert und nachtragend! Er ist ein As!
Im zerknautschten Mantel!

1) https://www.brioni.com/de/de/the-world-of-bespoke
2)OOTD: Abkürzung für outfit oft he day, unter dem Hashtag findet man rund 66 Millionen Vorschläge, was man an dem jeweiligen Tag anziehen kann, wenn einem selbst nichts einfällt
3) https://de-de.facebook.com/markustoens/videos/188861189525479/
4) K. Lagerfeld in: manager magazin, Heft 2/2005, manager-magazin.de http://www.manager-magazin.de/magazin/artikel/0,2828,337509,00.html
5) Karl Lagerfeld in: Talkshow Markus Lanz, ZDF, 19. April 2012

Alle Hervorhebungen (fett/kursiv) durch mich BM

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Cle.Gedö.

Vorsicht, Männer im Anzug!

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Heinz Niski

Werter Herr Matzkowski, Sie haben mir die Augen geöffnet. Viele Jahre grübelte ich, wer wohl dieser hilflose, verlegen im Fernsehen stehende Mann sein könnte. Heiko … wer? Er ist also ein Außenminister, aber für welches Land? Ich erinnere mich noch an Gabriel, der war lustig und schlagfertig und an Westerwelle, der war für die Erdogans und Ayatollahs dieser Welt eine tolle Provokation. Und war da nicht noch jemand?
Ich fände es gut, wenn die Außenminister Trachten tragen würden. Dann könnte man die auf Gruppenfotos sofort zuordnen.

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Heinz Niski

Nein, eher nicht. Bergmannstracht käme gerade richtig gut oder eine Friesen-Fischermanns Verkleidung. Obwohl… das wäre ja fast schon Anbiederung an Hand-Arbeiter. Vielleicht eine Finanzbeamtentracht mit Ärmelschoner, Blendschutz Käppi und Bleistift hinterm Ohr… sehr schwierig das alles.

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Ro.Bie.

Wieso? Maas wird doch durch seine Partnerin und Schauspielerin Natalie Wörner vergrößert. Die ist über 1,78 m.

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Ro.Bie.

kenn ich nicht. Reizt mich auch nicht im mindestens, die Bildungslücke zu füllen. Pat und Patachon waren selben Geschlechts. Da ist auch keine Parallele zu sehen. Vermutlich liegts schlicht daran, dass einige Männer sich durch größere Frauen erhabenener fühlen undsich verdammt ins Zeug legen. Wie das dann bei den Frauen mit kleinen Männern gefühlt ist, bleibt mir persönlich ganz konservativ unverständlich. Zumal Frauen ab 1,74 in unseren Landen leider feststellen müssen: Die Langen sterben aus – was auch ein Grund sein könnte, sich mit Kurzen zu begnügen – oder man sucht sein Glück im Nachbarland Niederlande.

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Den.Zitze

Na, der Lederjacken Heiko! Heiko, habe ich aufgrund seiner wirkmächtigen Unfähigkeit schon lange vor dem Afghanistan-Desaster auf dem Radar. Er zieht Kritik an seinem Wirken geradezu an. Er ist ein moderner Scharping. Wobei der mehr konnte, nur halt langsamer. Die Kritik an seinen Anzügen halte ich für verfehlt, ist es doch das was funktioniert. Heiko im Anzug, am besten noch ohne dass er den Mund auf macht. Ein Traum von einem Außenminister! Maas in einem Atemzug mit Töns zu nennen, ist eine Provokation. Das wird ihm nicht gerecht. Also dem Töns. Töns ist versiert, informiert und interessiert an allem was Menschen hier und in Berlin bewegt und umtreibt. Töns erklärt dir verständlich und umfassend TTIP ohne, dass es jemals langweilig wird. Töns ist nie in der Bunten und doch bunt in seiner politischen Agenda. Über Töns lässt sich soviel mehr berichten, als über seine Anzüge. Töns wähle ich, Lederjacken Heiko kritisiere ich, weil es parteischädigend wäre, es nicht zu tun. Töns hat eine Agenda. Heiko hat eine Lederjacke, schöne Anzüge einen Posten und etwas gegen die Afd.

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Heinz Niski

Der Heiko .. wer? wurde ins Amt gehievt, um Martin Schulz als Außenminister zu verhindern. Schrille Logik.

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