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Im Beitrag „Sozialer Raum und schiefe Bahn der Denkungsart“ wurde ein Artikel in der WAZ behandelt, der von einer Veranstaltung im MiR berichtete, bei der „Rassismen in Opernwerken“ thematisiert wurden. Die dortigen Diskutanten wollen sicher etwas Gutes tun. Vor allem für sich selbst bzw. ihre Selbstveredlung. Dem Typus des Selbstveredlers sind die folgenden Betrachtungen aus der Reihe „Auf den Spuren moderner Ethnien: Aspekte linksidentitärer Lebensformen“ gewidmet.

 

Selbstoptimierer versuchen, ganz schlicht formuliert, „das Beste“ aus sich zu machen oder auch eine Version von sich selbst zu (er-) schaffen, die ein Optimum anstrebt, eine Vollkommenheit, wobei der Begriff vage darin bleibt, worin die Vollkommenheit besteht. Eine schlichte Variante ist die Selbstoptimierung im Bereich des Körperlichen, also ein „definierter Körper“, erarbeitet durch work-outs und Formen des Trainings in Fitness-Studios, mit Sportgruppen oder in Bootcamps. Die Bearbeitung der „Körperdefinition“ durch Salben, Cremes, Tinkturen, Auftragen von Schminke und anderer Produkte und Dienstleistungen  der Schönheits- und Kosmetikindustrie einschließlich der „medizinischen Schönheitskorrekturen“ sowie auch durch Tattoos, Piercings oder jegliche Form der Body-Modification ist eine andere Stufe der Selbstoptimierung.

Diese kann aber auch im Versuch bestehen, im Einklang mit der Natur, den Elementen, einer Gottheit, einer Lehre, einer bestimmten Ernährungsweise oder einer Strömung der Meditation, der Sexualität, der Lebensweise (als Mönch, als weltlicher Einsiedler, als Reisender, als Lamazüchter) zu leben. Die Selbstoptimierung kann ebenfalls oder sogar vor allem dem Zweck dienen, am Arbeitsplatz optimal zu funktionieren. Letztlich geht es (vielleicht unbewusst) darum, dass man mit dem Selbst, so wie man ist – und wie Gott es erschaffen hat – nicht zufrieden ist, denn optimieren kann und muss man nur etwas, was nicht gut genug oder womit man nicht zufrieden ist – und sei es man selbst

Seit einiger Zeit tritt neben den Selbstoptimierer der Selbstveredler. Ihm geht es nicht um die edle Form, die Harmonie der Erscheinung, sondern die edle Gesinnung. Ihm geht es um das edle Denken, aus dem eine edle Haltung entspringt – und die kann nur die einer vermeintlich moralischen Überlegenheit über die anderen sein.

Während der Selbstoptimierer im Fitness-Studio an Kraftmaschinen seinen Körper aufpumpt, pumpt der Selbstveredler in der Talkmanege des Haltungszirkus  seine Bedeutung auf. Der Selbstoptimierer greift zu Hanteln, während der Selbstveredler mit Begriffen hantiert. Wo der eine schwitzt, schwatzt der andere. Tritt dem einen der Schweiß aus den Poren, ist des Selbstveredlers Gesinnung porentief rein. Der Selbstoptimierer plagt sich, der Selbstveredler wird zu einer Plage.

Oder anders: die Optimierung des Selbst liegt beim Selbstveredler im Gefühl der Überlegenheit über einen anderen oder eine Gruppe von anderen. Der Selbstveredler kürzt Goethes Diktum „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“ um die Attribute „gut“ und „hilfreich“, ohne die das Edle aber eine leere Hülle ist, eine Vase ohne Inhalt, denn in den Attributen „gut“ und „hilfreich“ steckt implizit eine Aufforderung, mitmenschlich zu handeln, dem Menschen als Menschen gegenüberzutreten, nicht aber sich von ihm abzugrenzen, indem man sich selbst überhöht.  Der Selbstveredler handelt aber nicht mit  anderen Menschen oder für sie, sondern behandelt sie, indem er über sie moralisch richtet, er hält dem und den anderen seine vermeintlich gerechte Sicht der Welt vor, aber seine Gerechtigkeit ist die Selbstgerechtigkeit und seine Weltsicht seine Selbstsucht. Er kennt die „richtigen Begriffe“ und weiß, welche nicht benutzt werden dürfen. Werden solche Begriffe vom Gegenüber benutzt, weiß der Selbstveredler sofort, mit welchen Begriffen er sein Gegenüber belegen und kategorisieren kann. Sein Grundton ist der des Vorwurfs gegenüber anderen, seine Satzmelodie eine Anklage, sein Hoheitsgebiet die Selbstüberhöhung. Als Grenzen kennt er nur die Ausgrenzung anderer – und er bewacht die Grenzmauern. Er ist ein Scheindiskutant und ein Diskursverweigerer. Er vernichtet Gedanken wie Steuerbetrüger Akten vernichten! Der Selbstveredler achtet nur die Gleichdenkenden, weil er sein Selbstbild in ihnen wiedererkennt, weswegen er die Andersdenkenden verachten muss, da sie sein Bild von sich selbst zerstören.

In Summe: Wären die Selbstveredler, um es in Anlehnung an Oscar Wilde zu sagen, ein Theaterstück, wären sie so langweilig, dass man nicht pfeifen könnte, weil man gähnen müsste.

Warum? Weil sie nicht ohne Geländer denken können!

 

*Dieser Text verwendet das generische Maskulinum

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Heinz Niski

Hömma, Matze, du verwirrst mich. Hast du heute an Karl May Büchern geschnüffelt? Was soll denn diese Anklage gegen hart arbeitende Gesinnungstäter? Und überhöhst nicht du in Wahrheit dein Selbst, indem du Unabhängigkeit von sozialen, politischen Netzen vorgaukelst?

Sind wir nicht alle auf die „likes“, auf die auf die Bühne des Lebens geworfenen Rosen oder Schlüpfer angewiesen? Und richten wir unser Streben, wenn auch nicht an der Angst vor dem Fegefeuer, so doch eben gerade nicht am Widerstreben gegen Hochmut, Zorn, Wollust, Trägheit, Neid, Völlerei oder Habgier aus?

Also…. wer hat dir heute den Spiegel vorgehalten, auf dass du so wild um dich schlagen musst?

Geht es nicht versöhnlicher? Kannst du nicht in der Reihe tanzen? Oder mit dem Wolf?

Was ist deine Botschaft an all die in ihren Verpflichtungen und Abhängigkeiten gefangenen?

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es? Oder … lasst mal fünfe gerade sein? Oder .. so jung kommen wir nicht mehr zusammen? Oder… ätt hätt noch immer juut jegonge? Oder .. wir sind alles kleine Sünderlein, es war immer so.. immer so..?

Ich weiß es wirklich nicht.

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Fra.Prez.

köstlich!

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