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Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern,

in keiner Not uns trennen und Gefahr.

Wir wollen frei sein, wie die Väter waren,

eher den Tod, als in der Knechtschaft leben

Wir wollen trauen auf den höchsten Gott

und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen.

(F. Schiller, Wilhelm Tell, 2/2)

 

Schillers „Rütli-Schwur“ aus seinem Freiheitsdrama  „Wilhelm Tell“ fußt auch auf dem Gründungsmythos unserer Nachbarn in der Schweiz, auch wenn der Schwur wohl nicht – wie bei Schiller – auf dem Rütli erfolgt ist und sein Ursprung, unterschiedlichen Quellen nach, in verschiedenen Kontexten und Jahren verortet wird. Ob nun das Jahr 1291 als das Jahr der Bundesgründung zu gelten hat (Datierung des „Bundesbriefes“), das Jahr 1296 oder das  Jahr 1307 war und ist auch heute noch durchaus umstritten, wenngleich sich mehrheitlich wohl das Jahr 1291 durchgesetzt hat. Aber das kann man getrost als „innerschweizerische  Angelegenheit“ stehen lassen. Entscheidend sind für den Gründungsmythos aber zwei Elemente: der Wunsch nach Freiheit – für die Schweizer in ihrer Gesamtheit, aber auch für jeden Einzelnen – und der Anspruch auf Volkssouveränität. Dieser Anspruch drückt sich in der Schweiz der Gegenwart zuvörderst in der Möglichkeit der unmittelbaren Abstimmung des Volkes aus.

Diese Abstimmung kann durch eine Volksinitiative oder ein Referendum erfolgen. Bei einem Referendum erwirken die Bürger nach einer Parlamentsentscheidung eine Veränderung, wenn sie von einer Mehrheit, die gegen den ursprünglichen Gesetzestext votiert, verlangt wird. Voraussetzung ist, dass 55000 Stimmen für ein Referendum innerhalb von 100 Tagen gesammelt werden können.

Eine Volksinitiative bewirkt ein neues Gesetz – so wie aktuell das „Verbot der Vermummung“. Dazu müssen 100000 Stimmberechtigte innerhalb von 18 Monaten ihre Unterschrift abgeben. Um bei der dann durchzuführenden Volksabstimmung zu obsiegen, so dass der Vorschlag der  Volksinitiative angenommen wird und Gesetzeskraft erlangen kann, bedarf es der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen und der Mehrheit der 26 Kantone.

Diese Hürden hat die Gesetzesinitiative zum „Vermummungsverbot“ nun – wenn auch mit knapper Mehrheit und gegen das propagandistische Feuerwerk von Linken, Grünen, Wohlmeinenden und der politischen herrschenden Elite – genommen. Gleich Frankreich, Österreich, Belgien, Bulgarien und Dänemark ist in der Schweiz nun ebenfalls das Tragen von Burka und Nikab in der Öffentlichkeit verboten (nicht in der Moschee), aber ebenso die Vermummung bei Demonstrationen.

Wie nicht anders zu erwarten, werden der Schweiz nun aus der immer noch besserwisserischen Bundesrepublik Kritik und Versuche der Bevormundung angetragen. Für die Propagandisten  aus dem linken und grünen Raumschiff der Gut- und Noch-Besser-Menschen schallt der Chor der und des Unvermeidlichen in Richtung Alpenrepublik:



Das einstmals als „Sturmgeschütz der Demokratie“ gerühmte Hamburger Blatt „DER SPIEGEL“ spricht von schweizerischer „Ignoranz“ , meint zu wissen, dass Muslime in der Schweiz nur „eingeschränkt willkommen“ sind und schreibt: „Das Signal, das von dieser nationalen Entscheidung ausgeht, ist bitter. Wieder einmal ist es Populisten in einem europäischen Land gelungen, Stimmung gegen Muslime zu machen – und aus dieser Stimmung eine Regelung abzuleiten, die inhaltlich wenig, symbolisch aber viel verändert.“

https://www.spiegel.de/politik/ausland/schweizer-verhuellungsverbot-ein-sieg-der-ignoranz-kommentar-a-f31b7eb2-1173-4660-a4b7-1a7771928364

Eine etwas stärker ideologisch verbohrte Bettelsuppe rührt die taz an, die es nicht bei schlappen Begriffen wie Ignoranz und Populismus belässt, sondern, fast ist man „selbstverständlich“ zu sagen geneigt, haut auf die ganz dicke rot lackierte Propaganda-Pauke:„Rassismus und Islamophobie ziehen in der Schweiz noch immer.“ Ja, so sind sie halt, diese Berg- und Talstämme jenseits unserer Grenze: dort grassiert der Rassismus wie andernorts das Corona-Virus, dort bekommt der Gast im Restaurant zur Speise gleich ein Häppchen Islamophobie auf Kosten des Hauses als Amuse-Gueule. Aber die taz belässt es nicht so einfach beim Rassismus- und Islamophobie-Vorwurf, sondern weiß auch die ganze Welt (und ihre überschaubare Leserschaft) noch auf anderem Gebiet zu belehren, nämlich auf dem Feld der „direkten Demokratie“: „Die Initiative legte auch die Schwächen der schweizerischen direkten Demokratie offen.“ https://taz.de/Verhuellungsverbot-in-der-Schweiz/!5756247&s=Schweiz+Burka/

Gut, dass wenigstens die Redakteure der taz wissen, wie eine direkte Demokratie zu funktionieren hat, nämlich vor allem so, dass das Ergebnis einer Volksabstimmung dem taz-Zentralkomitee für Rache und Vergeltung, Volksaufklärung und biologisch-nachhaltig zertifizierten Antifaschismus und seiner Auffassung von Volksabstimmungen und ihren Ergebnissen entspricht. Die tazler sind halt alle wohl gefällige Musterschüler und kennen ihren Emanuel Geibel und sein Gedicht Deutschlands Beruf (1861), dessen siebte Strophe zur Eröffnung der Redaktionskonferenz wahrscheinlich allmorgendlich gemeinsam gesungen wird:

Macht und Freiheit, Recht und Sitte,
Klarer Geist und scharfer Hieb
Zügeln dann aus starker Mitte
Jeder Selbstsucht wilden Trieb,
Und es mag am deutschen Wesen
Einmal noch die Welt genesen.

 Selbstsucht, das ist wohl nach taz-Auffassung, der Makel des Schweizers: er will halt nicht so einfach aufgehen in einem multi-kulti Paralleluniversum, sondern schon noch seine schweizerischen Eigenschaften und Eigenheiten behalten. Und das soll ihm wohl am liebsten ausgetrieben werden!

Aber mit der Demokratie, der direkten, ist es doch ganz simpel: es ist, auch zu hochkomplexen Themen, die einfachste Entscheidungsfindung, die den (aktuellen)  Mehrheitswillen des Volkes transparent machen kann. Das Ergebnis ist dann wie es ist – und es ist so zu akzeptieren! Mehr gibt es dazu nicht zu sagen: nothing, rien , nichts, nüx!

Die Besserwisser in den deutschen Redaktionsstuben sollten einfach durchatmen, ihr Chakra pflegen, vielleicht einen Smoooooothie oder einen Latte-Tai-Tee trinken – vor allem aber:
MAL DIE KLAPPE HALTEN!

 

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Heinz Niski

Manchmal finde ich vor lauter Rassisten, Sexisten, Faschisten, Homophoben, Misogynen, Deutschen mit Nazi Hintergrund, Antiziganisten, Islamophobikern, Kolonialisten, Genderphoben, kaum noch den Weg nach Hause. Dort angekommen, grübel ich darüber, wen ich heute beleidigt, gekränkt, unterdrückt, ausgebeutet, nicht anerkannt, nicht akzeptiert haben könnte, ob ich richtig gesprochen habe, welche religiösen Gefühle ich verletzt haben könnte und ob ich meiner Bringschuld gegenüber den zahllosen Minderheiten gerecht geworden bin.

Irgendwann wird diese Gesellschaft an ihrer Gleichheits- und Gerechtigkeitsüberjustierung implodieren. Danach haben wir dann das genaue Gegenteil von Gleichheit und Gerechtigkeit. Das wird eine spannende Geschichte werden.

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Ro.Bie.

Das passiert nicht – jedenfalls nicht, solange wir noch auf Erden weilen. Sprache und damit auch neue Begriffsschöpfungen haben sich schon immer verändert, obwohl ich keine Ahnung von Linguistik habe. Eben Ausdruck ihrer Zeit, die Älteren wachsen nicht immer mit oder eben raus. Manches erledigt sich einfach von selbst, weil es schlicht sinnlos ist. Es sind ja auch nicht nur neue Wortschöpfungen und deren oft abstruser Bedeutungen. Öde Bleiwüsten, statt Lesbarkeit ! Und vor Allem die Lust daran, Menschen jeder Klasse mit denselben Sätzen zu erreichen – kommt nie aus der Mode. Dieses Kunststück beherzigt, bliebe vieles – Göttinnenseidank – ungeschrieben.

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Heinz Niski

Schaun mer mal, alle zwei, drei Generationen gibt es Göttinendämmerunginnen. Manche gelingen (68ziger, Flower Power, Frauenbewegung) manche enden in Katastrophen (Kulturrevolution mit roten Garden, Pol Pot, Stalin, Hitzler). Immer dabei sind die Jungen, die Begeisterungsfähigen. Du erinnerst dich? Ich habe mich mal quer durch die Videos, Podcasts und social Media Beiträge der jungen, wilden Dekolonialisierer etc. gepflügt. Mein Eindruck ist ein anderer. Das hat Potenzial für Jakobinertum. Kommt so sanft daher, hat aber eine knallharte Eindimensionalität und Aufteilung in Gut & Böse, Täter & Opfer, Schuldig & Unschuldig. In Kambodscha reichte es schon, eine Brille zu tragen, um als Intellektueller mit dem Spaten erschlagen zu werden. Diese jungen Leute überziehen die Gesellschaft mit einer Neuinterpretation der Erbsünde, die Deutsche ohne Migrationshintergrund bis in alle Ewigkeit begleiten wird, das nenne ich mal ne gelungene Mischung aus Wokeness, Bibel, Antifa, Antira etc.. cooles Projekt, wäre ich jünger, würde ich mir Sorgen machen.

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Cle.Gedö.

was ist denn von Flower Power übrig außer unzerstörbaren Prilblumen und afrikanischen Rosen bei Aldi an der Kasse? 🧐

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Heinz Niski

eigentlich viel, der Kuppeleiparagraph ist weg, Rollenfestschreibungen durch Dresscodes wurden aufgeweicht, Homosexualität aus der Schmuddelecke geholt, verschiedene Lebensentwürfe als machbar akzeptiert… kurz viele Dinge, die heute niemand mehr als Problem erkennen würden, zu der Zeit aber durchaus das Leben und die eigene Identität verdammt erschwert haben. Na ja, ansonsten hast du natürlich wahr… die gelungenste Aneignung durch das „System“ war die Afri Cola Nummer von Charles Wilp: https://www.youtube.com/watch?v=SjFTm4sQBh0

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Cle.Gedö.

ich hatte mich so auf freie Liebe gefreut, kaum wurd‘ ich geschlechtsreif hatten alle Angst vor HSV 😢 oder wie dat heißt… fühl mich betrogen

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Heinz Niski

Nachtrag – damals große Aufregung wegen des Werbespots. Sexismus und Kirche in einem Spot, gaaanz böse. Heute..? Wir wollen freie Kopftücher für alle, Hurrah…

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Cle.Gedö.

…und statt Freejazz der Muezzin 👳‍♂️

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Ro.Bie.

Ganz dünnes Eis! Ich erinnere dunkel, wie ausgerechnet die ersten GE-Grünen ernsthaft den Sex mit Kindern freigeben wollten…ich kotze noch beim Erinnern.

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Heinz Niski

schreibt oh ja, ich habe mir die Sessions im Trotz Alledem auch angetan, das bleibt unvergesslich, vor allem die Unterstützer sind mir bis heute in Erinnerung… mehr sag ich mal besser nicht.

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Ro.Bie.

Kommunikation zwischen End 68er und Ende 70er-Sozialisierten ist bis heute ein echtes Geduldsspiel…Das hat in der Jugend schon nicht geklappt und klappt auch heute nur unter goßer Mühe des freien Gutwillens. Und das sind nur knapp um die 10 Jahre Altersunterschied. Jetzt haben wir ein neues Jahrhundert. Da kommt schon was zusammen…
Für mich ist dieses 68er Herumgeschwurbel – getarnt unter dem Deckmantel der Expertise – ohne wirklich zum Kern zu kommen – Ludger lässt grüßen – schwer aushaltbar.

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Ro.Bie.

Unsereiner war damals die gelebte Praxis der untergehenden Arbeiterklasse – vermeintlich nur durch linke Intellektuelle zu retten. Oh. nä. Kopfkino aus.

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