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Wir Grüne sind…

…mit Herz und Verstand dabei, wenn es darum geht, unsere Gesellschaft ein Stück besser zu machen. Als einzige Partei im Land verbinden wir ökologische Verantwortung, individuelle Selbstbestimmung, umfassende Gerechtigkeit und lebendige Demokratie. Wir diskutieren leidenschaftlich über verschiedene Ideen und krempeln dann die Ärmel hoch, um gemeinsam Lösungen anzupacken.

Die Formulierungen  von Boris Palmer zum Corona-Umgang mit den über 80jährigen  und schwer Erkrankten angesichts eingeschränkter Krankenhausplätze bzw. Intensivbetten waren, einfach gesagt, ungeschickt. Da hat der Boris mal wieder aus der Hüfte geschossen, hat seine Meinung kundgetan, ohne seine Sätze vorher durch die Politiker-Sprech-Korrektur-und- Glättungsmaschine zu schicken und anschließend noch mit etwas Laber-Imprägniersalz zu bestreuen. Aber mit dieser ungefilterten Sprache  macht man einem bestimmten Typus Politiker und seinen (medialen) Trabanten  auch Freude, nämlich den profimäßigen Missverstehern, die gerne aus politischen Motiven  bewusst missverstehen wollen.  Und Palmer hat diesen Luftpumpen die Möglichkeit gegeben, ihn in den Kontext von Altenfeindlichkeit bis hin zur Euthanasie zu stellen.

Vorneweg natürlich den GRÜNEN, die so gerne (siehe oben) „leidenschaftlich diskutieren“, dann aber „gemeinsam anpacken.“  Der grünen Truppe hat Palmer mit seiner Bemerkung den Aufhänger verschafft, ihn endlich loszuwerden, was schon länger auf der Agenda stand. Immer wieder war Palmer, der als  Oberbürgermeisterkandidat der GRÜNEN und für die GRÜNEN sehr gute Wahlergebnisse erzielt hat, der Parteiführung unangenehm aufgefallen, so etwa durch seine Kritik an der Merkelschen  „Flüchtlingspolitik“ oder durch die Thematisierung von Einwanderung und Kriminalität. Kurz, durch eine sehr pragmatische, lösungsorientierte Politik jenseits grüner Weltheilungsideologie! Und um Weltheilung, also statt Lösung Erlösung in  ganz großem Stil, geht es den GRÜNEN vor allem! Die  jetzige Kampagne gegen Palmer hat darin ihre wirkliche Ursache, seine jüngsten Bemerkungen waren nur der höchst willkommene  Anlass!

Nach der Distanzierung Habecks (keine Unterstützung mehr für Palmer) und anderer Grüner hat nun, laut dpa, der Landesvorstand in  Baden-Württemberg (siehe oben) Palmer aufgefordert, die Partei zu verlassen! Damit ist Palmer endgültig auf dem Weg zum grünen Sarrazin! Und auch Annalena Baerbock weiß natürlich, wo der Feind steht und meint laut „SPIEGEL“, die Bundesrepublik sei ein freies Land, wo jeder seine Meinung äußern dürfe, aber „Boris stellt sich immer wieder bewusst provokativ gegen die Werte unserer Partei und schadet ihr.“

Den Schaden für die GRÜNEN sehe ich auch! Er besteht darin, dass sich die GRÜNEN als feige und als Heuchler erweisen!

Feige deshalb, weil sie Palmer auffordern, von sich aus die Partei zu verlassen, anstatt ein Ausschlussverfahren gegen ihn einzuleiten!! Hier haben die Grünen aber wahrscheinlich die Probleme der SPD vor Augen, denen es immer noch nicht endgültig gelungen ist, Sarrazin auszuschließen (Verfahren anhängig). Und sie müssten bei einem Verfahren tatsächlich nachweisen, dass er gegen Grundsätze der Partei in schädlicher Weise verstoßen hat!

Viel schlimmer ist aber die Heuchelei der GRÜNEN!

Während der Diskussion um eingeschränkte Kapazitäten des medizinischen Sektors im Corona-Kontext forderten die GRÜNEN eine gesetzliche Regelung der TRIAGE-Modalitäten und, laut Dr. Kirsten Kappert-Gouther von den GRÜNEN im Bundestag, eine „ standardisierte Ersteinschätzung“ (https://www.gruene-bundestag.de/themen/gesundheit/auch-im-notfall-gut-versorgt). Eine grundsätzliche Ablehnung der Triage, die das eigentliche medizinische Vorgehen (geholfen wird zunächst dem, der der größten Hilfe bedarf) durch eine pragmatische, an den Kapazitäten ausgerichtete Vorgehensweise ersetzt (geholfen wird dem, der die größten Überlebenschancen hat) findet man bei den Grünen nicht, vielmehr fordern sie eine gesetzliche Regelung der Kriterien! Dies tut auch der Deutsche Ethikrat, denn er  hält die bisherigen Kriterien der medizinischen  Fachgesellschaften in einem Punkt für falsch: „ Die Fachgesellschaften schreiben den Ärzten das Recht zu, bei einem Intensivpatienten die Therapie einzustellen, um einen anderen Patienten mit höherer Erfolgsaussicht zu versorgen. Ein solches Vorgehen hält der Ethikrat für rechtswidrig. Deshalb müsse der Bundestag jetzt klären, ob das Kriterium Erfolgsaussicht oder Dringlichkeit Vorrang haben solle.“ (https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/112134/COVID-19-Spahn-gegen-Gesetz-zur-Regelung-der-Triage).

Es ist, aus meiner Sicht, Heuchelei, wenn die GRÜNEN einerseits nach einer Gesetzesregelung rufen, was an sich nicht falsch ist, aber eine offene und ehrliche Debatte erfordert, in der verschiedene Positionen, wie etwa der Ethikrat sie umschreibt und wie sie in der Praxis medizinischer Versorgung schon lange auftreten,  überhaupt erst einmal zur Sprache kommen müssen, gleichzeitig aber Palmer verurteilen, weil er der Partei schade, indem er eine mögliche Option als Frage in den Raum stellt!

Boris Palmer hat nämlich inhaltlich nichts anderes getan, als mit seinen Äußerungen in diese Debatte einzugreifen – er bewegt sich dabei zwischen ethischen Grenzpositionen, wie sie der  Deutsche Ethikrat aufzeigt  (Stichwort: Erfolgsaussichten versus Dringlichkeit). Wenn Palmer die Frage aufwirft, ob es sinnvoll ist, Menschen  bei eingeschränkten medizinischen Kapazitäten Hilfe zukommen zu lassen, deren Lebensaussichten gering sind, trifft er genau den Kern der Diskussion, die eben noch nicht entschieden ist, sich allerdings – jenseits von Corona – tagtäglich in der Praxis stellt, so bei großen Unfällen im Straßenverkehr, etwa bei Massenkarambolagen auf der Autobahn, oder bei Unfällen in der Industrie (Atomkraftwerk, Chemieunfall, Großbrand) – vom militärischen Kontext einmal völlig abgesehen. Vor der Antwort auf diese Fragen, die Palmer und der Deutsche Ethikrat aufgeworfen haben,  haben Mediziner in Italien, in Spanien, in den USA massenhaft in der alltäglichen Praxis des Corona-Kampfes um Menschenleben gestanden und stehen sie noch!

Palmer stellt also genau die entscheidende Frage:  Gilt das Kriterium der Erfolgsaussicht ( soll man also Menschen überhaupt noch behandeln , die bereits vom Tod, etwa bei einer schweren Krebserkrankung, gezeichnet sind?)  oder das Kriterium der Dringlichkeit?  Anders: wie entscheide ich mich als Arzt, wenn ich mich zwischen einem 8ojährigen Corona-Patienten mit Krebs im Endstadium oder schweren Vorerkrankungen und geringer Lebensaussicht und einer 25jährigen Corona-Patientin mit gutem Allgemeinzustand entscheiden muss, weil ich nur noch ein Intensivbett frei habe? Und dies  – das ist der Ausgangspunkt der Problematik! – unter der Vorgabe knapper medizinischer Ressourcen und in Zeiten, in denen gesellschaftliche und wirtschaftliche Ressourcen zu schmelzen beginnen (Arbeitslosigkeit, wirtschaftlicher Niedergang usw.)! Diese Frage ist gesellschaftlich und politisch existentiell , aber eben noch nicht politisch entschieden, sondern bisher in die alleinige Verantwortung der Ärzte und Notfallmediziner gelegt. Im Grunde stehen wir am Anfang einer notwendigen Debatte, nicht aber an deren Ende!

Ein Ende der Debatten mit Palmer sehnen aber wohl die Grünen herbei, die in ihrer Selbsteinschätzung  ganz im Stile eines Kim-Jong un  oder Donald Trump zur Selbstanpreisung greifen, wenn sie von sich (siehe oben)  behaupten: Als einzige  (!!!) Partei  im Land verbinden wir ökologische Verantwortung, individuelle Selbstbestimmung, umfassende Gerechtigkeit und lebendige Demokratie.(!!!)

Da sag ich mal:

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Heinz Niski

Zu spät. Wie schon 2015, als ein abwägen der Flüchtlingspolitik als „unchristlich – unmenschlich – unsozial“ galt und den wirren Teil der deutschen Gesellschaft stärkte, finden die ersten gemeinsamen Demonstrationen von echten Demokraten (Hamed Abdel Samat) und Hooligans, AfD, Verschwörungstheoretikern, Impfgegnern statt und führen den Staat (hier die Polizei) vor. Dazu hier ein interessanter Beitrag über das Verhalten der Ministerialbürokratie, die auf einer ähnlichen Ebene wie die Grünen Teile der Wirklichkeit ausblenden und das als ethisches Verhalten deklarieren.
Nachtrag:
Eine andere Darstellung auf T-Online

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So.Jo.T.

Sigmar Gabriel hat offenbar verstanden, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, der Staat dürfe ein Flugzeug mit Unschuldigen nicht abschießen, um das Leben von noch mehr Unschuldigen zu schützen, das Schäuble als Innenminister mit einer Grundgesetzänderung einbringen wollte, auch auf die Corona-Politik übertragbar ist. So zu hören von ihm bei Lanz am 06.05.20. Schäuble habe für seine falsche Haltung dafür einen auf den Deckel bekommen und offenbar bis heute nicht verstanden, warum.
In der Corona-Politik tötet der Staat aktiv jemanden – durch Unterlassen – wenn er im Rahmen der Triage sagt, der 80jährige, die 70jährige oder der 65jährige bekommen – wie in Spanien – keinen Platz am Beatmungsgerät und/oder in der Intensivstation, weil wir dort keine ausreichenden Betten oder keine Geräte haben. Und ihr als Risikopatienten keine ausreichende Lebenserwartung in Monaten und Jahren habt, im Vergleich zu den Kosten, die eine Intensivmedizin (65.000 Euro für ein Jahr) für euch kostet.
https://www.youtube.com/watch?v=QbYixyeCk50

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So.Jo.T.

„Niemand macht gerne die Rechnung ganz offen auf, wie viel ihm ein Menschenleben wert ist. Bestenfalls geschieht das noch komparativ, z.B. beim Vergleich medizinischer Interventionen in der gesundheitsökonomischen Evaluation anhand von qualitätsadjustierten Lebensjahren.“
Joseph Kuhn, Gesundheitswissenschaftler
http://scienceblogs.de/gesundheits-check/2020/05/01/coronakrise-den-demokratischen-diskurs-zur-frage-wie-weiter-initiieren-teil-4-palmer-und-schaeuble/

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So.Jo.T.

QALY: „Ziel dieser Kennzahl der Versorgungsforschung ist es, das subjektive Gut Gesundheit in eine messbare Kennzahl zu überführen, um Kosten-Nutzwert-Analysen durchführen zu können. Dadurch wird es theoretisch möglich, eine transparente Rationierungsentscheidung zu treffen: Eine medizinische Maßnahme wird bezahlt, solange sie eine Grenze von
x EUR/QALY nicht überschreitet.“ wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Qualit%C3%A4tskorrigiertes_Lebensjahr

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Heinz Niski

Ethische Normen sind kein starres System und praktische Grundsätze auf bestimmte Situationen anzuwenden, erfordert viel Fingerspitzengefühl bzw. Lebensklugheit. Um moralischen Dilemmata zu entgehen, steckt die Gesellschaft in der Regel den Kopf in den Sand, bzw. handelt sie praktisch anders, als die von ihr öffentlich vorgegebenen Richtlinien. Schutz des Lebens – Abtreibung – Sterbehilfe wäre ein Thema. Drogenpolitik, sexuelle Normen, Tierrechte, die Liste kann endlos verlängert werden. Kommt eine Flutkatastrophe, würde derjenige abgestraft werden, der sich an Recht und Gesetz hält, statt Regeln außer Kraft zu setzen um Leben mit allen Mitteln zu schützen.

In den 80zigern vertraten Ärzte in einem mir bekannten Krankenhaus noch die Position, dass unheilbar an Krebs erkrankte, trotz spontaner Knochenbrüche nur allein beim Gang zur Toilette, nur bei jeder dritten Schmerzinjektion statt Kochsalz tatsächlich Schmerzmittel bekommen sollten. Sie würden sonst ja Drogenabhängig werden.

Das Pflegepersonal hat diese ethische Norm dadurch umgangen, dass sie Schmerzmittel abzweigten und diesem Patienten heimlich gaben. Damals war das noch möglich und sie waren die wahren Helden, während der oder die Ärztin zwar formal korrekt handelten, aber einfach nur Arschlöcher waren.

Ich habe für mich selber auch noch nicht abschließend geklärt, ob eine Gesellschaft tatsächlich für alle Kosten aufkommen müssen soll, die durch Risiko-Lifestyle-Kicks entstehen (Knochenbrüche bei Skifahrern etc.) während Menschen mit Berufserkrankungen oft durchs Raster fallen.

Ob die Beatmung von Corona Patienten immer ethisch vertretbar ist, ist noch völlig offen. Patientenverfügungen, die in bestimmten Situationen Lebensverlängerungen und Apparatemedizin um jeden Preis für sich ablehnen, gibt es schließlich nicht ohne Grund.

Dummerweise ist die Epidemie schneller als die Politik und die gesellschaftliche Konsensbildung, weshalb am Ende die Politik den schwarzen Peter zugeschoben bekommen wird.

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So.Jo.T.

Aus Sicht der Gesundheitswissenschaft und Praxis ist mir, wie auch Joseph Kuhn deutlich macht, wichtig, auf die Notwendigkeit des Diskurses hinzuweisen, der nicht den Fachleuten da oben überlassen werden darf.
Wenn Karl Lauterbach den Absolutheitsanspruch des Grundgesetzes zum Schutz jedweden Lebens in einer TalkShow gegen Palmer vertritt, obwohl er selbst im Jahr 2001 mit einem Kollegen eine Arbeit zur Altersrationierung mit dem Maßstab der QALY verfasst hat, was von Frau Prof. Esslinger, A. S. (2009): „Neues Denken in der Gesundheitsversorgung Hochbetagter“, zu einem Eintrag auf S. 141 geführt hat, ist seine Glaubwürdigkeit auf den Prüfstand zu stellen. Das gilt auch für das RKI, wenn es die QALY-Summe x für Corona-Intensivpatienten ausgewiesen hat.
Es geht also erst einmal darum die Karten und Wahrheiten auf den Tisch zu legen, mit denen die utilitaristische Gesundheitswirtschaft tatsächlich seit Jahren und Jahrzehnten im Land arbeitet.
Wenn Lauterbach eine Kosten-Effektivitätsanalyse mit QALY als Maßstab für die Praxis mit zu verantworten hat, welche sowohl die (Rest-)Lebenserwartung also auch die Lebensqualität berücksichtigt, dann kommt das zum beispielsweise im Corona-Diskurs zum Vorschein, wenn er in einer weiteren TalkShow davon spricht, dass ein künstlich beatmeter Patient, wenn er überlebt, danach sicher über Jahre chronisch krank sein wird etc. pp., und damit in gewisser Weise auch auf die Kosten hinweist, die das zusätzlich in Anspruch nimmt.
https://books.google.de/books?id=J4g2pS90lKUC&pg=PA135&lpg=PA135&dq=Sterbekostenthese&source=bl&ots=v1dfq3NhzF&sig=ACfU3U1mIXq0qLfSIEvPNnVPO3sFr_b_3Q&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwje0PnfyKvpAhXGSEEAHeELBNIQ6AEwBHoECAkQAQ#v=onepage&q=Sterbekostenthese&f=false

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De.Naw.

Hinsichtlich seiner verzerrten Wahrnehmung von Welt und Partei, inklusive der dazugehörigen Verbitterung, bleibt Palmer ja immerhin eine Option: Schreiben im HerrKules.

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Heinz Niski

Würde eng werden, hier verbreiten schon Joschka Fischer und Thilo Sarrazin unter Pseudonym ihre falschen Wahrnehmungen.

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De.Naw

Das ist Oswald, nicht Thilo.

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Oswald Kolle

Ich schreibe hier nicht unter dem Pseudonym Metzger!

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