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Zugegeben: Als ich den ersten Olchi-Band (vor) gelesen habe, fand ich die Olchis zunächst ganz lustig. Denn die Olchis sind so ziemlich in allem das Gegenteil von wohlanständigen Bürgern. Sie sind sowas wie absonderliche Aliens, die aber auf der Erde leben – genauer gesagt in einer Olchi-Höhle auf der Müllkippe eines Ortes namens Schmuddelfing.

Sie sind grün und knollennasig und haben Hörhörner, also Hörner, mit denen sie hören können. Sie wühlen gerne in Dreck und Schlamm, hassen alles Saubere und Wohlriechende, sie essen Glas, Nägel und alles andere, was stinkig, faulig und vergammelt ist; sie trinken dreckiges Wasser und besonders gerne Fahrradöl. Und sie werden Jahrhunderte alt. Wenn ihnen etwas gefällt, dann finden sie das olchig oder oberolchig. Furzen, rülpsen, schmatzen – das sind Tätigkeiten, die bei ihnen angesagt sind – besonders gerne zu den Mahlzeiten, die natürlich aus verfaulten, verschimmelten, verdorbenen und ekeligen Zutaten bestehen und gerne rostige Nägel, Glasscherben, Seifenlauge und Reißnägeln enthalten.
Die Olchis, auch das mag sympathisch sein, sind eine Drei-Generationen-Familie: Kinder-Eltern und Großeltern verbringen die Tage mit Nichtstun oder, wenn es ihnen zu langweilig wird, auch mal mit der einen oder anderen Reise. Da klettern sie dann auf ihren Hausdrachen, der Feuerstuhl heißt und sie schnell durch die halbe Welt trägt. Und sie finden es dort schön bzw. olchig, wo es vermüllt ist, etwa an einem Strand, der übersät ist mit dem Wohlstandsmüll und dem Weggeworfenen der Touristen: „Am Strand ist ein Haufen Müll angeschwemmt worden. Alte Plastikeimer, ein Benzinkanister, verrostete Büchsen, eine verbogene Gabel, Glasscherben, jede Menge Teer und ein kaputter Sonnenschirm-Ständer liegen herum. ´Wie wunder-wunder-wunderschön!´, ruft Olchi-Mama entzückt. (Die Olchis sind da, S. 28 f.). Dass Olchi-Opa bald zu jammern anfängt, weil die Meeresluft zu frisch ist, versteht sich beinahe von selbst!
Der eingangs angesprochene Leseanreiz geht allerdings alsbald verloren. Anders gesagt: kennt man einen Olchi-Band, kennt man alle. Die Schauplätze und Situationen mögen sich ändern, aber Überraschendes wird man nicht mehr entdecken. Die Verhaltensweisen der Olchis sind vorhersehbar, die Gags nutzen sich ab (spätestens den zehnten Rülpser findet man nur noch blöd), die Figuren (und mit ihnen der Leser) sind in einer Endlosschleife des stets Gleichen gefangen.
Man stellt fest, dass mit dem ersten Kapitel des ersten Bandes (So sind die Olchis) eigentlich alles schon gesagt ist. Der Rest ist die Kombination und Variation von Verssatzstücken, die immer wieder aneinander geklebt werden. Und wenn noch eine halbe Seite zu füllen ist, dann kommt das Olchi-Lied zum Einsatz, des stets aus „voller Kehle“ geschmettert wird:
„Fliegen-Schiss und Olchi-Furz,
das Leben ist doch viel zu kurz!
Wir lieben Schlick und Schlamm und Schleim,
das Leben kann nicht schöner sein.“ (S. 27)
Nun wird jedes nicht gerade tiefbegabte Kind, das aufmerksam zugehört hat, fragen: Aber Papa, diese Olchis -die benehmen sich schon ziemlich daneben, oder?
Wenn man nicht die Wahrheit sagen will („Diese Geschichten sind eben einfach Schwachsinn hoch 3“), dann muss man wohl so etwas Gesetzteres sagen wie: Na ja, das ist doch nur so eine Phantasiegeschichte, die aber doch Elemente der Realität enthält, z.B. dass wir unsere Welt vermüllen.
Und das Kind wird weiter fragen: Und deshalb haben wir eine graue Tonne, eine gelbe Tonne, eine blaue Tonne und eine braune Tonne, damit wir unseren Müll nicht einfach so wegwerfen. Das ist doch richtig, oder?
Und wir werden – dummerweise – sagen: Ja, auf dieses Problem machen die Olchis aufmerksam, dass die Menschen Müll einfach so wegwerfen.
Und dann wird das Kind sicher – nach einer kleinen, aber gewichtigen Pause des scheinbaren Nachdenkens – mit einem maliziösen Lächeln sagen: Also tun die Olchis doch letzten Endes was Gutes, egal, wie sie sich sonst benehmen, oder?
Und wir werden uns räuspern und einen leichten Schluckreiz bekommen, weil wir ahnen, woraus das hinauslaufen soll. Aber noch bevor wir einen Gedanken formuliert und ihn gar ausgesprochen haben, wird das Kind sagen:
Das ist ja gut. Denn ich trage ja auch immer meinen Müll raus. Und darauf kommt es schließlich an! Dann ist es doch auch nicht so schlimm, wenn ich mal beim Essen rülpsen muss.
Und der Vater wird stumm nicken.
Dann wird alles gut, wird das Kind sagen und sich dann endlich umdrehen und einschlafen.

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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