0
(0)

Nach der Bürgeranhörung

Ein Architekt erklärt mir, dass Plan, Entwurf und Vermittlung desaströs wären. Ein weiterer Architekt beschreibt den Bau-Entwurf als stark verbesserungsbedürftig. Er sei zu wuchtig geraten, müsse durchbrochen werden, mehr Licht zulassen, brauche mehr Sichtachsen. Er hält auch den Vermittlungs- und Diskussionsprozess für nachbesserungsbedürftig.

Patrick Jedamzik von den Grünen bloggt Pro-Bebauung des Platzes.  

März 2012

Theo Jakobs, ein Bürger, der in den 70er Jahren per Gerichtsbeschluss verhinderte, dass ihm die Schienen der Stadtbahn wie geplant direkt vor die Haustür gelegt wurden, lädt kurzfristig und spontan zu einem Treffen zum Thema Zingler-Platz Bebauung. Es gibt einige Absagen wegen Krankheit und anderer Termine. Zwei Absagen seien hier zitiert:

Der Einladung kann ich leider nicht folgen, ich meine aber auch dass man auf einem toten Pferd nicht weiter reiten sollte. Der B-Plan ist nicht toll und das Bauprojekt noch weniger. Aber stoppen – auf welcher Basis ? Allenfalls einen Nachruf auf die „Platzvergeudung“ würde ich empfehlen. Ob daraus jemand lernen könnte wage ich aber auch zu bezweifeln….

Hans Peter Kruse schrieb:

Danke für die Einladung.

Allerdings ist es so, dass ich zu dem Thema zu wenig Ahnung habe, um da wirklich mitreden zu können. Ich habe auch keine feste Meinung zur Bebauung am Margarethe-Zingler-Platz. M.E. ist das Thema komplex: Ich würde den Margarethe-Zingler-Platz jedenfalls nicht isoliert von den Gesamtplänen zur Umgestaltung des City-Bereichs sehen. Nehmen wir an, es gelingt, im Bereich Musiktheater, Hans-Sachs-Haus, Ahstraße und Neumarkt eine „echte Mitte“ zu gestalten, vielleicht auch mit der Funktion als (Wochen-) Markt. Dann stellt sich tatsächlich die Frage, welche Funktion der Margarethe-Zingler-Platz noch übernehmen soll. Eine Bebauung des Randbereichs könnte m.E. dann sogar sinnvoll sein, allein schon wegen der (bei entsprechender Nutzung des Gebäudes) entstehenden zusätzlichen Frequentierung. Allerdings bin ich der Meinung, dass eine Bebauung nicht zu massiv sein sollte. Eine Durchlässigkeit des Erdgeschosses, wäre sicher sinnvoll. Aber das sind nur ganz spontane Gedanken. Ich kenne die Thematik nur aus der WAZ-Berichterstattung und die hinterläßt bei mir den Eindruck, dass auch bei der Verwaltung nur Klein-Klein-Vorstellungen existieren. Mal lese ich was über die Gestaltung des Platzes vor dem Hans-Sachs-Haus, mal was über den Bereich Neumarkt/Ahstraße, mal was über den Margarethe-Zingler-Platz. Ob das alles ein stimmiges Ganzes ergibt, darüber lese ich nichts. Aber vielleicht tu‘ ich der Verwaltung unrecht ….

  Am 19.März 2012 folgten drei Anwohnerinnen des Platzes, eine sachkundige Bürgerin, ein Dezernent a.D. und ich der Einladung. Die Anwohnerinnen beschrieben, dass sie nie an einer Entscheidungsfindung beteiligt wurden, dass sie kein schlüssiges Sanierungs-Gesamtkonzept kennen würden. Da die Stadt formal korrekt auftrete, sich Debatten um ein Gesamtkonzept aber verschlösse, wolle man auf die Suche nach Formfehlern gehen, um möglicherweise noch Nachbesserungen zu erreichen. Das Bauvorhaben stoppen zu können glaubte keiner. Ein Bürgerantrag soll formuliert werden. Web 2.0, soziale Medien & Facebook Ein Meinungsaustausch auf Facebook beginnt. Gewerbetreibende um den Hauptmarkt herum halten sich mit Meinungsäußerungen und Positionierungen zurück.  

Ein Bürger schreibt Prosa:

Lichthof

Aus dem Margarete Zingler Platz wird nun das zentrale Atrium von Gehtnixkirchen.

Jeder Passant ist herzlich eingeladen, dort ein Körbchen oder Netz mit Licht zu füllen und in die entlegenen Behörden und Planungsbüros zu tragen.

Ein Ort der zweckbestimmten Einkehr zur

Lichtschöpfung.

Ein Stadtplaner mit Büro in einer Großstadt schreibt:

Es wäre hilfreich, wenn man eine Lösung finden könnte, die auch den Fiskus berücksichtigt, aber in erster Linie für die BürgerInnen ist – und gern natürlich MIT den BürgerInnen geplant wurde. Dieses totale Dichtmachen der Planer ist doch ewig-gestrig, kulturlos und kurzsichtig.  

Hans Peter Kruse schreibt mir:

….insbesondere Deine Beschreibung der Bürgerbeteiligung erkenne ich wieder. Bürgerbeteiligung bei Stadtplanungsaktivitäten bedeutet in GE ja: alle Anwesenden sollen alles sagen, was ihnen einfällt und sie gerne hätten (Brain-Storming, häufig realisiert durch Flip-Charts). Protokolle werden geschrieben und verschickt (oder auch nicht).

Danach wird das alles in den Papierkorb gesteckt.

Die Verwaltung erstellt eine Vorlage, sehr an dem „Tatsächlich Möglichen“ orientiert, die Politik stimmt zu, manchmal begeistert („ein weiterer Baustein für“ …. was auch immer) und manchmal mit den berühmten „Bauchschmerzen“ (was anderes wäre besser, aber geht nun mal nicht: kein Investor, der andere Vorstellungen mittragen würde; Rendite muss sein etc.)

Das Dumme an der ganzen Geschichte ist, dass man eine solche Argumentation nicht ganz von der Hand weisen kann: Die Stadt selbst kann aufgrund ihrer Finanznot nicht investieren, und ein privater Investor denkt natürlich an die Rendite.

So leid es mir tut – so ist das! Außerdem bin ich kein Platz-Nostalgiker.

Ein Platz macht dann Sinn, wenn er eine bestimmte Funktion erfüllt, z.B. eine repräsentative Funktion, etwa: Ein selbstbewusstes Bürgertum demonstriert Macht- und Herrschaftsanspruch!

Oder ein Ort der Begegnung, man trifft sich, verweilt, kommt ins Gespräch. Beides kann ich für den Margarethe-Zingler-Platz nicht erkennen. Sicher, vor gefühlten 30 Jahren war das so. Durch die Funktion als lebendiger Wochenmarkt konnte man dort hören, riechen, sehen und vielleicht auch schmecken. Man traf Bekannte und plauderte (als ehemaligem Grillo-Gymnasisast war der Wochenmarkt für mich nur ein paar Schritte entfernt und samstags auf meinem Weg zum Industrie-Theater mit seinen Trailern (s. früherer Beitrag von Bernd Matzkowski) immer ein Highlight.

Das ist natürlich sehr biographisch-ankedotisch. Aber davon abgesehen bestand die Attraktivität des Margarethe-Zingler-Platzes sicher für die allermeisten Menschen in seiner Funktion als Wochenmarkt. Ohne diese Funktion ist der Platz tatsächlich nur öde Freifläche ohne Anziehungskraft. Das kann man auch nicht künstlich ändern.

Ich erinnere nur an den im Nachhinein lächerlichen Versuch, „tote“ Plätze (also: Plätze ohne Funktion) durch „Kommunikationsnischen“ und sonderbare „Möblierung“ zu Begegnungsstätten aufzuwerten. Die Menschen sind doch nicht blöd: nur, weil irgendwo eine Bank steht, setze ich mich doch nicht dahin! Kurz und gut: Ich bleibe bei meiner Meinung:

A) Nach allem was ich weiß, erscheint mir die ganze Bebauungsabsicht am Margarethe-Zingler-Platz als zu dicht und zu undurchlässig.

B) Andererseits genügt es mir nicht, einfach nur zu sagen „der Platz-Charakter muss erhalten werden.“ Einen solchen „Platz-Charakter“ kann man nicht durch Elektroschocks wiederbeleben.

C) Mir fehlt – und das ist mein wichtigster Punkt – ein Gesamtkonzept für den Innenstadtbereich.  

Wie inspirierend, erhellend, unterhaltend war dieser Beitrag?

Klicke auf die "Daumen Hoch" um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 0 / 5. Anzahl Bewertungen: 0

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Weil du diesen Beitrag inspirierend fandest...

Folge uns in sozialen Netzwerken!

Es tut uns leid, dass der Beitrag dich verärgert hat!

Was stimmt an Inhalt oder Form nicht?

Was sollten wir ergänzen, welche Sicht ist die bessere?

Von Heinz Niski

Handwerker, nach 47 Jahren lohnabhängiger Arbeit nun Rentner. Meine Helden: Buster Keaton, Harpo Marx, Leonard Zelig.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
Meine Daten entsprechend der DSGVO speichern
0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments